European Championships in München:Wider die Trägheit

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Die Olympiapark GmbH verzichtet auf die Schwimm-EM. Sie erklärt ihr Veto mit Kommunikationsdefiziten des europäischen Verbands - und setzt für 2022 lieber auf die Para-Schwimmer.

Von Ralf Tögel, München

"Oh ja, es gibt Neuigkeiten", entfuhr es Marion Schöne in einer Gesprächsrunde zum gerade beendeten Sanierungsmarathon der Münchner Olympiahalle. Zum Thema European Championships 2022, die vom 11. bis zum 21. August im Olympiapark stattfinden werden, hatte die Geschäftsführerin der Olympiapark München GmbH (OMG) in der Tat einige interessante Neuigkeiten mitzuteilen. Im Sommer in zwei Jahren werden zu dieser Multi-Europameisterschaft mehr als 4000 Sportler aus ganz Europa in der bayerischen Landeshauptstadt erwartet, 50 Jahre nach den Olympischen Sommerspiele von 1972. Sie werden dann voraussichtlich um mehr als 150 Medaillen kämpfen, in - Stand jetzt - acht Sportarten. Womit man dann schon bei der größten Neuigkeit wäre.

Denn die Schwimmer werden ihre Europameisterschaft wohl nicht unter dem Dach der European Championships im Sommer 2022 veranstalten. Grund ist eine gewisse Trägheit im europäischen Schwimmverband Ligue Européenne de Natation (LEN), die von der OMG-Chefin mit wachsendem Missfallen verfolgt wurde. Die EM-Wettkämpfe wurden bekanntlich ins ferne Rom ausgelagert, weil die frisch sanierte Olympiaschwimmhalle nur acht Wettkampfbahnen hat, was laut Reglement des europäischen Verbands schlichtweg zu wenig sind, um Wettkämpfe dieser Größenordnung durchzuführen. Auch von hohen finanziellen Zusagen seitens des Verbandes war zu hören; zuletzt aber hörte man überhaupt nichts mehr von den LEN-Funktionären, deren Präsident Paolo Barelli auch dem italienischen Schwimmverband vorsteht. Angesichts der fortschreitenden Zeit sah sich die OMG jetzt zum Handeln gezwungen und zog eine Klausel, durch die die Zusammenarbeit mit der LEN beendete wurde. Es hätte für eine Veranstaltung dieser Dimension, zumal man sich ja kontinental hätte koordinieren müssen, viele Dinge zu besprechen gegeben, Schöne nannte Sponsoring oder Fernsehübertragungen als einfache Beispiele. Der Ausrichter habe das Recht, die Zustimmung für einen Austragungsort zu entziehen, wenn man negative Auswirkungen befürchte. Was die OMG als gegeben einstufte, also reagierte sie nun. Nebenbei beinhalte dies den Vorteil, dass "München das Alleinstellungsmerkmal behält", sagt Schöne. Die Premiere dieser Multi-Europameisterschaft vor zwei Jahren fand ja in Berlin und dem schottischen Glasgow statt, die Bundeshauptstadt war dabei lediglich Gastgeber der Leichtathletik-EM.

Schöne Aussichten: Das Münchner Olympiastadion wird bald wieder stimmungsvoller Schauplatz einer Leichtathletik-Europameisterschaft sein, wie hier zuletzt im Jahr 2002. Bei den European Championships wird darüber hinaus der gesamte Park mit diversen Wettkämpfen bespielt. (Foto: imago)

München hat aber einen Alternativplan, wie doch noch Schwimmwettkämpfe an die Isar zu holen sind: "Wir sind mit den Para-Schwimmern im Gespräch. Das ist eine tolle Möglichkeit, wie wir fanden", erklärt Schöne. Außerdem wäre es etwas völlig Neues, "Para-Wettkämpfe zu integrieren". Gerade in Zeiten sinkender Akzeptanz für Sportverbände wäre ein derart integrierendes Sportfest dieser Dimension und Wertigkeit ein schönes Signal in die Welt, wie Schöne andeutet. "Den Para-Schwimmern würden acht Bahnen auch genügen", erklärt sie, "es wäre eine wunderbare Geschichte, wenn alles zusammen im Olympiapark stattfinden würde." Man müsse zwar noch etwas "Überzeugungsarbeit leisten", sehe dem Vorhaben aber zuversichtlich entgegen: "Wir sind dran."

Gesetzt sind seit Langem die Sportarten Leichtathletik, Radsport, Golf, Turnen, Rudern und Triathlon, die weitgehend im Olympiapark stattfinden. Wer die Golf-Wettkämpfe veranstaltet, ist noch nicht abschließend geklärt, es verdichten sich aber die Anzeichen, dass die Entscheidung zugunsten des Golfclubs Valley im Süden Münchens nahe Holzkirchen fallen könnte. Zudem wird eine weitere Sportart hinzukommen: Klettern oder Beachvolleyball, beides olympisch. Wobei beim Beachvolleyball noch ein paar Hürden aus dem Weg zu räumen wären, wie Schöne erklärt, vornehmlich betreffe dies Übertragungsrechte und Sponsoring. Aber auch wenn es mit den Sandspielen nicht klappen sollte, wird es eine weitere Sportart geben. Die Kletterer "stehen bereit", versichert Schöne. Natürlich sei auch nicht ausgeschlossen, dass sogar beide Sportarten zum Zuge kämen.

„München behält das Alleinstellungsmerkmal“, sagt Olympiapark-Chefin Marion Schöne. (Foto: Robert Haas)

Die Münchner Multi-Europameisterschaft nimmt also langsam Formen an, wenngleich es noch viele Fragen zu klären gilt. "Es ist ein unglaublicher Aufwand", so Schöne, für dessen Bewältigung eigenes Personal benötigt werde. Die ersten Mitarbeiter sind eingestellt, bis zu den Championships würden es bis zu 150 werden. Für das Personal soll ein eigenes Bürodorf entstehen. Derzeit werde dafür das Fundament am Rand der Parkharfe am Olympiastadion geschaffen, wie OMG-Technikchef Wasem Ajmail bestätigt. Es ergebe einfach Sinn, die Kräfte am Ort des Geschehens zu bündeln, um aufwendige Koordinationsarbeiten zu vermeiden. Der Verwaltungsaufwand sei schon immens, sagt Schöne noch, aber das ist keine Neuigkeit.

© SZ vom 20.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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