Trauer:Bayerische Politiker bestürzt über Anschlag von Hanau

  • In Hanau sind neun Menschen an zwei verschiedenen Orten erschossen worden. Später fand die Polizei die Leiche des mutmaßlichen Todesschützen und eine weitere tote Person.
  • Zahlreiche Politiker in Bayern zeigten sich bestürzt über die Taten. Ministerpräsident Söder bezeichnete sie als brutal und menschenverachtend, Vertreter der Opposition forderten Konsequenzen.
  • Kurzfristig sagten Staatskanzlei und Landtag die für den Unsinnigen Donnerstag geplante Faschingsveranstaltungen ab.

Auf den Anschlag von Hanau haben bayerische Politiker bestürzt reagiert und Faschingsaktivitäten abgesagt. Der Landtag trauere um die Toten, sagte seine Präsidentin Ilse Aigner (CSU) am Donnerstagmorgen. "Wieder sind Menschen Opfer von Hass und Terror geworden. Dieser Angriff auf unsere offene Gesellschaft und unsere Werte macht uns fassungslos", sagte Aigner. In Gedanken sei man bei den Angehörigen und Freunden der Getöteten.

In Hanau waren seit Mittwochabend neun Menschen an zwei verschiedenen Orten erschossen worden. Stunden nach dem Verbrechen entdeckte die Polizei die Leiche des mutmaßlichen Todesschützen in seiner Wohnung. Dort fanden Spezialkräfte auch noch eine weitere tote Person. Zeitweilig habe der 43-jährige mutmaßliche Täter seinen Wohnsitz wohl auch in Bayern gehabt, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnete die Tat als brutal und menschenverachtend. "In Gedanken sind wir bei den Angehörigen der Opfer. Den Verletzten wünschen wir vollständige Genesung", twitterte er am Donnerstagvormittag. Der Rechtsstaat werde sich solcher Gewalt mit aller Härte und Entschiedenheit entgegenstellen. Söder ordnete für Donnerstag und Freitag Trauerbeflaggung an allen staatlichen Dienstgebäuden in Bayern an. Gemeinden, Landkreise und Bezirke, aber auch Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts seien gebeten worden, in gleicher Weise zu verfahren, teilte die Staatskanzlei in München mit.

Noch in der Nacht übernahm der Generalbundesanwalt die Ermittlungen wegen der besonderen Bedeutung des Falls. Offizielle Angaben zum Motiv des mutmaßlichen Täters gibt es noch keine. Es gibt aber Hinweise auf eine ausländerfeindliche Motivation. "Die Brandstifter wissen ganz genau, was sie tun. Aus Worten werden Taten", schrieb die Grünen-Fraktionschefin im bayerischen Landtag, Katharina Schulze, auf Twitter. Sie forderte, den Fahndungs- und Ermittlungsdruck zu erhöhen, Präventionsmaßnahmen massiv auszubauen und eine Beobachtung der gesamten AfD durch den Verfassungsschutz: "Diese Partei hasst und hetzt, radikalisiert sich ständig und will einen Umsturz in unserer Gesellschaft. Auch hier gilt: endlich konsequent dagegen vorgehen!"

Tiefe Betroffenheit äußerte der Vorsitzende der bayerischen FDP, Daniel Föst: "Wenn es sich wirklich um einen rechtsradikalen Hintergrund handelt, erschüttert mich das bis ins Mark und ich mache mir Sorgen." Erst verrohe die Sprache, dann schürten extremistische Parteien gesellschaftliche Feindbilder und am Ende seien Menschen tot. "So kann, so darf es nicht weitergehen." Konsequenzen aus dem mutmaßlichen Anschlag fordert auch Uli Grötsch, Generalsekretär der Bayern-SPD. Ein "drastisches Vorgehen" sei nun notwendig. "Nach dem Schock und der Trauer müssen wir uns zusammensetzen."

An diesem Donnerstag, dem Unsinnigen Donnerstag, sollten in Bayern eigentlich diverse Faschingsgesellschaften den Landtag besuchen. Diese Veranstaltung sagte das Parlament am Morgen ab. So wie auch die Staatskanzlei: Dort sollten am späten Vormittag Abordnungen der Karnevals-, Faschings- und Fastnachtsverbände aus ganz Bayern in den Kuppelsaal kommen. 150 Karnevalisten waren erwartet worden. Auch die Veranstaltung "Fasching hat Herz" der Stadt München, die am Nachmittag auf dem Viktualienmarkt stattfinden sollte, wurde abgesagt.

In Erinnerung an den rassistisch motivierten Anschlag am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München schrieb Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) an seinen Kollegen in Hanau: "Im Namen aller Münchner Bürgerinnen und Bürger - die im Juli 2016 selbst so ein traumatisches Erlebnis durchmachen mussten -, des Münchner Stadtrates und persönlich spreche ich Ihnen unser aller tief empfundenes Mitgefühl aus." Er wünsche den Hanauern, dass es ihnen gelinge, "in dieser schweren Stunde zusammenzustehen und die Hinterbliebenen der Opfer sowie die Verletzten in ihrem Schmerz nicht alleine zu lassen, sondern sie in der Stadtgesellschaft aufzufangen".

An der Fahndung nach dem Täter in Hanau waren auch bayerische Polizisten beteiligt. "Bei großen Fahndungslagen wird bundesländerübergreifend unterstützt", sagte ein Polizeisprecher in Würzburg. Dies sei üblich, auch bei Raubmord oder ähnlich schweren Delikten. Wie viele uniformierte Kräfte aus Unterfranken im nahen Hessen unterwegs waren, wollte der Sprecher nicht verraten.

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