"Defender Europe 2020":Der große Marsch in den Osten

"Defender Europe 2020": Ein Schützenpanzer des US-Militärs wird in Bremerhaven vom Frachtsschiff entladen.

Ein Schützenpanzer des US-Militärs wird in Bremerhaven vom Frachtsschiff entladen.

(Foto: Patrik Stollarz/AFP)
  • Die USA wollen mit 17 Partnernationen üben, in kurzer Zeit große Truppenteile aus Amerika nach Osteuropa zu verlegen.
  • Dafür verlegen die US-Streitkräfte 20 000 Soldaten von den USA nach Europa, dazu kommen 17 000 weitere, die bereits in Europa sind.
  • Die Rückverlegung soll bis Juli abgeschlossen sein.

Von Mike Szymanski, Bremerhaven

Begleitet von friedlichen Protesten ist übers Wochenende die größte Verlegeübung von Truppen über den Atlantik seit 25 Jahren in die Hauptphase eingetreten. Bereits am Donnerstag hat in Bremerhaven das Frachtschiff Endurance angelegt, es ist das erste von vier Schiffen, das schweres Militärgerät aus den USA nach Bremerhaven bringt, darunter US-Abrams-Panzer, Tanklastwagen, Kettenraupen, Humvees und Container.

Die Ausrüstung gehört zu Truppenverbänden aus dem amerikanischen Bundesstaat Georgia. Auf dem Flughafen Hamburg landeten die ersten Soldaten. Insgesamt verlegen die USA in den nächsten Wochen 20 000 Soldaten samt Ausrüstung nach Europa.

Eine Armee für die EU

Der SPD-Verteidigungspolitiker Fritz Felgentreu hat sich für den Aufbau einer EU-Armee ausgesprochen, die zusätzlich zu den nationalen Truppen operieren kann. "Wir brauchen eine 28. Armee der EU", sagte Felgentreu der Welt am Sonntag. Die Dienstposten sollen offen für alle EU-Bürger sein. Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Sicherheit- und Verteidigungspolitik der SPD-Bundestagsfraktion fordert, es solle der Posten eines Verteidigungskommissars geschaffen werden und ein EU-Parlamentsausschuss für die Einsatzmandate zuständig sein. Felgentreu sagte, die bisherigen Fortschritte bei der Zusammenarbeit der EU-Staaten in der Verteidigungspolitik dauerten zu lange.

Mit dem Manöver "Defender Europe 2020" wollen die Vereinigten Staaten gemeinsam mit 17 Partnernationen üben, in kurzer Zeit große Truppenteile aus Amerika nach Osteuropa zu verlegen. Zusammen mit bereits in Europa stationierten Soldaten werden 37 000 Soldaten an der Verlegeübung teilnehmen, die zunächst bis in den Frühling andauert. Ihr Ziel ist Polen und das Baltikum, wo die Nato ihre Truppenpräsenz nach der Annexion der Krim durch Russland verstärkt hat. Die anschließende Rückverlegung der Truppen soll dann im Juli abgeschlossen sein.

Die Bundeswehr rechnet mit Staus und Verkehrsbehinderungen

In der nun beginnenden Hochphase werden ein- bis anderthalb Kilometer lange Konvois von etwa 20 Fahrzeugen nachts auf den Straßen unterwegs sein. Die Bundeswehr führt die Verkehrsleitzentrale und ist für die Unterstützung der ausländischen Truppen zuständig. Sie sorgt etwa für Unterkünfte in Zeltstädten und mobile Tankstellen auf ihren Truppenübungsplätzen. Die Bundeswehr geht von Staus und Behinderungen im Verkehr aus. Über Ostern soll es keine Konvois geben. Die Bahn muss den Transport von Panzern in ihren Güterverkehr integrieren.

Das Manöver knüpft an Verlegeübungen an, die bis Anfang der 90er-Jahre regelmäßig durchgeführt wurden, damals teilweise mit bis zu 130 000 Soldaten. Von der Übung soll nach Angaben der Bundeswehr und der US-Armee ein Signal der Abschreckung ausgehen. Nach der Annexion der Krim sei die Nato übereingekommen, dass die kollektive Verteidigungsfähigkeit wieder stärker gewichtet werden müsse.

Dazu diene die Defender-Übung, erklärte Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der für die Logistik zuständigen Streitkräftebasis. "Es ist in der Tat so, dass Russland durch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim 2014 der Auslöser dieser Entwicklung ist. Russland ist aber nicht Anlass für die Übung, militärische Fähigkeiten können nur langfristig wieder aufgebaut und gepflegt werden", führte Schelleis aus.

In Bremerhaven demonstrierten am Samstag etwa 200 Menschen gegen das Manöver, darunter Vertreter von Kirchen, Gewerkschaften, Friedensinitiativen und der Linkspartei. Die Redner bezeichneten die Übung als ein "Spiel mit dem Feuer" und eine Provokation Russlands. Damit würde nur die Kriegsgefahr in Europa gesteigert. Weitere Proteste sind geplant.

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