US-Wahlkampf:Präsidenten-Banner

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Lange gab Donald Trump am meisten Geld für Online-Wahlwerbung aus. Inzwischen hat ihn der demokratische Bewerber Michael Bloomberg übertroffen. (Foto: Mario Tama/Getty/AFP)

Donald Trump sichert sich den wohl wichtigsten digitalen Werbeplatz der Welt - für Wahlwerbung.

Von Simon Hurtz, Berlin

In den USA heißen Staaten, in denen Demokraten und Republikaner Kopf an Kopf liegen, Swing States oder Battleground States. Welche Staaten das sind, ändert sich von Wahl zu Wahl. Zwei Orte, die bei der US-Wahl 2020 besonders wichtig und umkämpft sein werden, stehen aber jetzt schon fest: Sie heißen Facebook und Youtube. Denn dort buhlen die Konkurrenten mit Millionenbudgets für Werbung um Wähler.

Nun hat Donald Trump offenbar seinen demokratischen Herausforderer düpiert, noch bevor dieser feststeht. Acht Monate vor dem Wahltermin soll sich der US-Präsident einen der wichtigsten Werbeplätze der Welt gesichert haben, berichtet die Agentur Bloomberg. Dem Bericht zufolge werden in den Tagen vor der Stimmabgabe am 3. November auf der Youtube-Startseite ausschließlich Banner-Anzeigen der Trump-Kampagne zu sehen sein.

Ein Youtube-Sprecher sagt, er könne den Bericht "leider in dieser Form nicht bestätigen". Der Zusatz "in dieser Form" lässt die Möglichkeit offen, dass nur Details nicht zutreffen und Trump tatsächlich in großem Stil Anzeigen unmittelbar vor der Wahl gebucht hat. Es sei üblich, dass Politiker solche Werbung auf Youtube schalteten, teilt das Unternehmen mit. Bloomberg beruft sich auf zwei Youtube-Mitarbeiter, nennt aber keine Namen oder weitere Quellen.

Die Videoplattform ist die zweitgrößte Webseite im gesamten Netz. Nur die Suchmaschine Google, die ebenfalls zum Mutterkonzern Alphabet gehört, wird noch häufiger aufgerufen. Knapp zwei Drittel der Menschen in den USA nutzen Youtube, bei den 18- bis 24-Jährigen sind es 90 Prozent. Auf keiner anderen Plattform lassen sich so viele potenzielle Wähler erreichen.

Der sogenannte Masthead-Werbeplatz, den die Trump-Kampagne gebucht haben soll, prangt mitten auf der Startseite. Die Anzeige lässt sich nicht auf bestimmte Zielgruppen zuschneiden - jeder Nutzer sieht sie. "Diese Seite ist für die Nutzer sehr wichtig", schreibt Youtube selbst auf seiner Hilfeseite für Werbekunden. "Mit einer Masthead-Anzeige sichern Sie sich dort eine prominente Position." Eine Buchung soll bis zu einer Million Dollar pro Tag kosten, offizielle Preise nennt Youtube nicht.

Der Werbeplatz lasse sich so lange im Voraus nicht automatisiert buchen, schreibt Bloomberg. Man müsse direkt mit Youtubes Anzeigenabteilung in Kontakt treten. Allerdings berichtete das Wall Street Journal im vergangenen Jahr über ein neues Werkzeug, das es Kandidaten ermögliche, automatisiert Werbeplätze für das gesamte Jahr 2020 zu kaufen. Bei jeder Buchung gelte das Prinzip: Wer zuerst bucht, bekommt den Zuschlag, sagt Youtube. Das machte sich Barack Obama bereits 2012 zunutze: Damals sicherte er sich den Masthead-Werbeplatz, bevor Mitt Romney überhaupt als Kandidat der Republikaner feststand. 2016 buchten Trump und Hillary Clinton Masthead-Anzeigen, und im vergangenen Jahr schaltete Trump dort Werbung, während die demokratischen Kandidaten zum ersten Mal im Fernsehen miteinander debattierten. Bislang hat aber noch kein Politiker im Vorfeld einer Wahl die Youtube-Startseite für mehrere Tage unter Beschlag genommen.

Genau wie in Deutschland gibt es in den USA Regeln für politische Werbung in Wahlkämpfen, die allen Kandidaten die gleichen Chancen sichern sollen. Die Vorgaben gelten aber nur für TV- und Radiosender, im Netz ist die Regulierung noch nicht angekommen. Diesen Werbe-Wild-West wollen Demokraten und Republikaner nutzen, sie pumpen enorme Summen in den Digitalwahlkampf.

Mindestens eine Milliarde Dollar werde Trumps Wahlkampf kosten, sagte sein Kampagnenmanager Brad Parscale im April. Die Hälfte davon werde er für die digitale Strategie und Online-Werbung ausgeben. "Trump wurde gewählt, weil er die beste digitale Anzeigenstrategie hatte, die ich je gesehen habe", schrieb ein Facebook-Manager in einem internen Memo, das Anfang des Jahres öffentlich wurde. "Trump gewinnt den Online-Krieg", bilanzierte die New York Times.

Andere Plattformen haben sich entschieden, kein Geld mit politischer Werbung zu verdienen

Auf Facebook können Trump und andere Kandidaten dabei fast alles machen, was sie wollen. Das Unternehmen hat Politiker von Faktenchecks ausgenommen und kennzeichnet selbst eindeutige Falschbehauptungen nicht. Das gilt auch für Anzeigen. Der US-Präsident und seine Herausforderer dürfen auf Facebook Lügen verbreiten und können dann auch noch Geld dafür bezahlen, dass Millionen Menschen den Unsinn sehen.

Statt auf Verbote setzt Facebook auf Transparenz: Sämtliche Anzeigen werden in der öffentlichen Werbebibliothek gelistet. Jeder soll sich selbst ein Bild davon machen, wer womit und wofür wirbt. Künftig sollen Nutzer außerdem festlegen können, wie viele Anzeigen von Parteien und Politikern sie in ihrem Newsfeed sehen. "Gar keine" ist dabei aber keine Option.

Andere Plattformen wie Twitter, Tiktok, LinkedIn und Spotify haben sich entschieden, politische Werbung komplett zu verbannen. Das klingt nach einer einfachen und konsequenten Lösung, bringt aber seinerseits Probleme mit sich. Was genau ist politische Werbung? Wer prüft und entscheidet, ob die Anzeige einer politischen NGO darunterfällt oder nur die von Politikern mit Parteibuch? Wie wird das Verbot durchgesetzt? Google setzt auf einen Mittelweg. Politiker dürfen Anzeigen in Suchergebnissen und auf Youtube schalten, können die Werbung aber nicht mehr so kleinteilig auf bestimmte Wählergruppen zuschneiden, wie das früher möglich war. Im November beschränkte Google das sogenannte Microtargeting auf die Kategorien Alter, Geschlecht und Wohnort.

Lange Zeit gab Trump mehr für Online-Werbung aus als alle demokratischen Herausforderer zusammen. Das hat sich geändert, seit ein anderer reicher Geschäftsmann ins Rennen eingestiegen ist. Innerhalb weniger Monate hat Michael Bloomberg 48 Millionen Dollar in Facebook-Werbung und 42 Millionen Dollar in Google-Anzeigen investiert - etwa doppelt so viel wie der US-Präsident. Ihm gehört auch die Nachrichten-Webseite, die die Story über Trumps Werbebuchung veröffentlichte. Wenn Amerika wählt, wird die Youtube-Startseite wohl trotzdem nur einen Namen zeigen: Donald Trump.

© SZ vom 25.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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