Frankreich:Die Gattin auf dem Gehaltszettel

Frankreich: Der frühere französische Premierminister François Fillon hatte gute Aussichten aufs Präsidentenamt - nun drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.

Der frühere französische Premierminister François Fillon hatte gute Aussichten aufs Präsidentenamt - nun drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.

(Foto: Stephane de Sakutin/AFP)
  • François Fillon hat sich vor einigen Jahren schon an der Spitze des französischen Staates gesehen.
  • Doch weil er seine Ehefrau möglicherweise scheinbeschäftigt hat, verpasste der Favorit 2017 den Einzug in die Stichwahl um das Präsidentenamt.
  • Nun sitzt er vor Gericht. Fillon drohen bis zu zehn Jahre Haft. Er und seine Frau beharren auf ihrer Unschuld.

Von Nadia Pantel, Paris

Das Ehepaar Fillon sitzt schweigend im Gerichtssaal, während die Anklageschrift verlesen wird. Veruntreuung öffentlicher Gelder durch François Fillon in Höhe von 408 000 Euro zugunsten von Penelope Fillon, zudem 117 400 Euro, die an die Kinder der Fillons geflossen sein sollen - um nur die wichtigsten Vorwürfe zu nennen. Die vielen Schaulustigen und Reporter, die den ganzen Mittwochvormittag über im Pariser Justizpalast auf die Ankunft der Fillons gewartet haben, zeugen davon, wie tief der Fall des Paares ist. Hier wird nicht nur zwei Vertretern des besseren Bürgertums der Prozess gemacht, die nach außen immer die Werte von Anstand und Strenge verkörperten. Hier warten zwei auf ein Urteil, die sich schon an der Spitze des Staates gesehen hatten.

Vor drei Jahren galt François Fillon noch als sicherer Anwärter aufs Präsidentenamt. Ermüdet vom energielosen Sozialisten François Hollande wollte die Mehrheit der Franzosen 2017 einen Konservativen in den Élyséepalast schicken. Was konnte Fillon, der Kandidat der Republikaner, schon falsch machen? Am 25. Januar begannen die Enthüllungen, die Fillon vom Siegertreppchen stürzen sollten. Die Zeitung Canard Enchaîné berichtete, wie Fillon seine Gattin acht Jahre lang als parlamentarische Assistentin beschäftigte, ohne dass diese ihre Tätigkeit tatsächlich ausgeführt habe.

Noch am selben Tag begannen Vorermittlungen gegen das Paar. In den kommenden Wochen multiplizierten sich die Vorwürfe gegen Fillon. Er habe seinem Nachfolger in der Nationalversammlung, Marc Joulaud, einfach seine Ehefrau Penelope Fillon als Mitarbeiterin vererbt. François Fillon wurde unter Sarkozy Minister, Penelope Fillon blieb auf dem Gehaltszettel der Nationalversammlung. Für viel Aufregung sorgte zudem die Information, Fillon habe sich maßgeschneiderte Hemden im Wert von 4500 Euro schenken lassen.

Die Fillons beharren bis heute auf ihrer Unschuld. In der Weltsicht des Wahlkämpfers Fillon waren die Vorwürfe sogar eine solche Unverschämtheit, dass er sie gar nicht richtig ernst zu nehmen schien. Einige Tage nach den ersten Enthüllungen empörte sich Fillon, "die Linke" habe ihn im Rahmen eines "Staatsstreiches" ins Visier genommen. Fillon sieht sich nicht als Täter - sondern als Opfer der Medien, die für ihn ebenfalls Teil einer linken Verschwörung gegen ihn sind.

Die erste Runde der Präsidentschaftswahl am 23. April 2017 besiegelt Fillons Niederlage. Er kommt auf 20 Prozent der Stimmen, zu wenig für die Stichwahl. Wie komfortabel sein Sieg hätte werden können, zeigt der geringe Abstand zur Zweitplatzierten (Marine Le Pen: 21,3 Prozent) und zum Erstplatzierten (Emmanuel Macron: 24 Prozent).

Penelope Fillon habe ihren Ehemann stets nur mündlich beraten, sagen die Verteidiger

Die politischen Folgen von "Penelope-Gate", wie die Affäre auf Französisch heißt, waren zum einen die tiefe Sinnkrise der konservativen Republikaner. Ablesbar auch an der Europawahl 2019, bei der die Partei um zwölf Punkte abstürzte und auf nur 8,4 Prozent der Stimmen kam. Und zum anderen die Verabschiedung eines neuen Gesetzes gegen Scheinbeschäftigung im Parlament.

Für Fillon könnten die persönlichen Folgen der Enthüllungen gravierend sein. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft. Seine Verteidigung beharrt auf der Unschuld des Paares. Die Tatsache, dass es keine schriftlichen oder sonstigen Belege dafür gebe, dass Penelope Fillon tatsächlich als Assistentin arbeitete, lasse sich dadurch erklären, dass sie ihren Ehemann stets nur mündlich beriet. Selbiges gelte für Fillons Nachfolger Joulaud, dem habe Penelope Fillon helfen müssen, seine Schüchternheit zu überwinden, dies sei "Assistententätigkeit im klassischen Sinne".

Kompliziert wird es für die Fillons durch einen anderen Fall. Ein mit François Fillon befreundeter Verleger und Milliardär hatte Penelope Fillon monatlich knapp 4000 Euro für eine Tätigkeit als "Beraterin" seiner Literaturrevue bezahlt. Der Verleger wurde wegen Scheinbeschäftigung angeklagt und gestand, dass Penelope Fillon "als Gegenleistung für ihr Gehalt keine Arbeit verrichtet" habe.

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