Behindertengerechtes Bauen in Haimhausen:Behindertenbeauftragter widerspricht Bürgermeister

Thomas Sommer erläutert in einem Brief an Rathauschef Peter Felbermeier, dass bei geförderten Bauprojekten keine Verpflichtung zu hundert Prozent rollstuhlgerechten Wohnungen existiere. Ihr Anteil richte sich nach dem Bedarf

Von Rudi Kanamüller

Auf Widerspruch beim Behindertenbeauftragten der Gemeinde Haimhausen, Thomas Sommer, sind Ausführungen von Bürgermeister Peter Felbermeier zum Thema rollstuhlgerecht und Barrierefreiheit gestoßen. Felbermeier hatte bei der Vorstellung des CSU-Wahlprogramms beklagt, dass bei sozialen Bauprojekten sämtliche Planungen rollstuhlgerecht sein müssten. In diesem Zusammenhang stellte Felbermeier die Frage, "warum reicht nicht Barrierefreiheit?" In einem Brief an Felbermeier stellt Sommer, selbst Rollstuhlfahrer, nun fest, dass es demnach eine Vorgabe für geförderte Wohnungen geben müsste, nach denen sämtliche Wohnungen nach DIN 18040-2 (R-Standard) gebaut werden müssten. Thomas Sommer: "Tatsächlich ist es jedoch so, dass im geförderten Wohnungsbau die Wohnungen nach DIN 18040-2, also Standard "barrierefrei" zu planen sind und der Anteil an Wohnungen nach R-Standard (rollstuhlgerecht) für jedes Förderprojekt explizit festgelegt wird." Der Anteil richte sich hierbei nach dem "tatsächlichen Bedarf". Eine Verpflichtung zu hundert Prozent rollstuhlgerechten Wohnungen existiere, so Sommer, "nach allen mir vorliegenden Informationen nicht".

Er könne die im SZ-Artikel von Bürgermeister Felbermeier getroffene Aussage, für Wohnzimmer würden die Vorgaben nicht gelten, "mit Blick auf die DIN 18040-2 (R-Standard) nicht nachvollziehen". Dort seien die Bewegungsflächen für alle Wohnräume definiert. Diese gelten für Bäder, Küche, Wohn- und Schlafräume. Somit werden für eine rollstuhlgerechte Wohnung nach DIN auch in Wohnzimmern die größeren Bewegungsflächen von 150x150 Zentimeter gefordert. Durch die Vorgaben der maximalen Wohnflächen im geförderten Wohnungsbau seien, sagt Sommer, "natürlich fantasievolle Planer" gefordert. Für Wohnungen, die von Rollstuhlfahrern genutzt werden sollen, gelte es, mit den zusätzlichen 15 Quadratmetern geeignete Grundrisse zu finden. Sommer: "Es gibt jedoch sehr gute Beispiele von Projekten, in denen dies gut umgesetzt wurde."

Die aufgeworfene Frage, "warum reicht nicht Barrierefreiheit" beantwortet Sommer folgendermaßen: "Für alle Menschen, die zwar in der Mobilität eingeschränkt sind, aber keinen Rollstuhl benötigen reicht in der Regel der Standard barrierefrei. Für alle Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, reichen die Bewegungsflächen von 120x120 Zentimeter jedoch meist nicht aus." Diese benötigten die größeren Flächen und Flur-/Türbreiten sowie niedrigere Griffhöhen, die im R-Standard gefordert würden. "Wichtig ist hierbei auch zu wissen, dass auf dem freien Markt praktisch keine rollstuhlgerechten Wohnungen zu finden sind. Wer also nicht selbst baut, ist auf geförderte rollstuhlgerechte Wohnungen angewiesen." Sommer befürchtet, es könne der Eindruck entstehen, dass rollstuhlgerechte Wohnungen ein Luxus seien und durch unsinnige Vorschriften der Bau von ausreichend (Sozial-) Wohnungen verhindert würde, "was ich sehr bedauern würde, da dies absolut dem Gedanken der Inklusion widersprechen würde". Für künftige Projekte der Gemeinde regt Sommer an, dass Verwaltung und Gemeinderäte über entsprechende Informationen zum komplexen Thema barrierefreies Bauen verfügen. "Ich habe mich mit meinen ehemaligen Kollegen der Beratungsstelle Barrierefreiheit der Bayerischen Architektenkammer in Verbindung gesetzt, die sich gerne bereit erklären, eine entsprechende Schulung in den Räumen der Gemeinde anzubieten."

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