DFB-Pokal:Ein Platz im etwas moderneren Märchenbuch

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Saarbrücker Freude nach gewonnenem Elfmeterschießen. (Foto: dpa)

Halbfinalist Saarbrücken ist kein typischer Kleiner. Doch es ist lobenswert, dass der DFB-Pokal die Closed-Shop-Logik des Profifußballs wieder mal überlistet hat.

Kommentar von Christof Kneer

In den einschlägigen Quizsendungen könnte das als anspruchsvolle Fußballfrage durchgehen: Was haben Felix Magath, Andy Brehme, Werner Lorant und Michael Preetz gemeinsam? Mal überlegen, also, Magath und Lorant waren Trainer, die davon ausgingen, dass Qualität von Qual kommt - das kann aber nicht die Lösung sein, denn Preetz ist gar kein Trainer. Preetz ist Manager in Berlin und gerade von Jürgen Klinsmann aufs Spektakulärste attackiert worden, es ist allerdings nicht bekannt, dass Klinsmann schon mal Brehme beschimpft hätte, und den grimmigen Lorant zu beschimpfen, das traut sich sowieso keiner.

Brehme wiederum zählt zu den epochenübergreifend seltenen Fußballern, die selber nicht genau wissen, welcher ihrer beiden Füße der bessere ist. Elfmeter schoss Brehme meist mit rechts, Freistöße oft mit links, aber da wiederum können die drei anderen nicht mithalten. Der Mittelfeldregisseur Magath hatte immerhin einen Superfuß, der Stürmer Preetz konnte gut köpfen, und der Spieler Lorant, nun ja, der konnte zumindest mit beiden Füßen gleich gut dem Gegenspieler auf den Fuß steigen.

Was Magath, Brehme, Lorant und Preetz gemeinsam haben? Nach einem kurzen Werbespot folgt die Auflösung: Sie alle spielten mal beim 1. FC Saarbrücken. Wie auch die großen Dieter Müller, Wolfram Wuttke oder Tony Yeboah.

Der Viertligist drängt mit Macht zurück in den mitunter zynischen Profifußball

Ja, der Viertligist Saarbrücken hat mit dem 7:6 gegen Düsseldorf gerade für eine klassische Pokalsensation gesorgt, aber nein, die Saarbrücker gehören nicht zu diesen klassischen Kleinen, deren Spieler der emeritierte Fußballreporter Rolf Töpperwien früher so gerne nach Berufen sortierte. Der Fliesenleger spielt zum Raumausstatter!, rief er dann begeistert, und manchmal kam der Ball nach einem Pass des Berufsschullehrers sogar beim Karosserieflaschner in der Sturmspitze an.

Am Traditions-Standort Saarbrücken spielen keine Amateure und Romantiker, der Verein und seine Spieler drängen mit Macht zurück in den mitunter zynischen Profifußball. "Saarbrücken" entstammt nicht demselben altmodischen Märchenbuch wie "Eppingen", "Geislingen" oder "Vestenbergsgreuth", es taugt nicht als Chiffre für den Aufstand der Zwerge.

In einem etwas moderneren Märchenbuch haben die Saarbrücker aber durchaus ihren Platz, sie sind immerhin der erste Viertligist, der es je ins Halbfinale des DFB-Pokals geschafft hat. Auf der Bühne der ganz Großen sind sie tatsächlich ein ganz Kleiner, und so verdient der DFB-Pokal wieder mal ein Lob, weil er die zunehmende Closed-Shop-Logik des Profifußballs wieder mal überlistet hat. Die immer gleichen Klubs teilen europaweit Titel und Einnahmen unter sich auf, und man darf dann ruhig so begeistert wie Rolf Töpperwien brüllen, wenn mal Leicester City in England Meister wird, wenn Ajax Amsterdam im Champions-League-Halbfinale steht oder eben der ehemalige Verein von Felix Magath, Andy Brehme, Werner Lorant und Michael Preetz im Halbfinale des DFB-Pokals.

© SZ vom 05.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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