Coronavirus:Wer zahlt, wenn Konzerte, Theater oder Reisen abgesagt werden?

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So menschenleer ist es vor dem Konzerthaus am Gendamenmarkt in Berlin nicht oft. In Zeiten des Coronavirus könnte so ein Anblick häufiger vorkommen. (Foto: Paul Zinken/dpa)

Wer sein Geld für Popkonzerte, Opern oder Hotels ausgegeben hat, macht sich jetzt Sorgen. In vielen Fällen haben Kunden gute Chancen. Was Betroffene jetzt tun sollten.

Von Herbert Fromme und Nina Nöthling, Köln

Die Bundesligaklubs spielen vor leeren Stadien. Ob Rock, Pop oder Klassik - Konzerte werden abgesagt. Dasselbe gilt für Messen, Lesungen, Theaterabende und Opernaufführungen. Die Corona-Epidemie legt einen großen Teil des öffentlichen Lebens lahm. Meistens haben die verhinderten Besucher Verständnis. Sie fragen sich aber auch, wer für den Ausfall zahlt. Unsicherheit besteht auch bei bereits gebuchten und bezahlten Reisen. Die wichtigsten Fragen und Antworten. Das Konzert wird abgesagt.

Erhalte ich mein Geld zurück?

Ja, denn der Veranstalter kommt seiner Leistungspflicht nicht nach. "Der Grund der Absage ist dabei gleichgültig", sagt Oliver Buttler, Jurist bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Wer betroffen ist, sollte sich an die Vorverkaufsstelle oder den Veranstalter wenden.

Manche Veranstalter argumentieren mit höherer Gewalt und wollen nicht zahlen. Haben sie recht?

Es gibt solche Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen. Demnach muss der Veranstalter nicht haften, wenn das Konzert, das Spiel oder die Messe aufgrund eines unvorhergesehenen Ereignisses ausfällt, auf das er keinen Einfluss hat. "Diese Klauseln sind unzulässig", sagt der Jurist Buttler. Das hätten auch mehrere Gerichte so entschieden.

Was können Betroffene dann tun?

Sie sollten den Veranstalter darauf aufmerksam machen, dass diese Klauseln nicht rechtens sind. Eventuell müssen sie ihre Ansprüche gerichtlich geltend machen. Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, hat es hier einfacher. Die örtlichen Verbraucherzentralen nehmen sich dieser Fälle an und mahnen manchmal auch Veranstalter ab, die sich sperren.

Die Veranstaltung wird verschoben, ich habe aber dann keine Zeit. Was tun?

Eine Verschiebung kann der Kunde annehmen, er muss es aber nicht. Wenn er keine Zeit hat, bekommt er den Ticketpreis erstattet. Das gilt allerdings nur, wenn die Karte für einen festen Termin galt. Wenn sie dagegen für einen bestimmten Zeitraum ausgestellt wurde oder es mehrere Alternativtermine gab, ist der Kunde auf die Kulanz des Veranstalters angewiesen.

Ich habe mit meinem Ticketkauf eine sogenannte Ticketversicherung abgeschlossen. Zahlt die?

Nein. Diese Versicherung, die beispielsweise Ergo über die Vorverkaufsorganisation Eventim verkauft, gilt nur für den Fall, dass der Karteninhaber wegen Krankheit, Verletzung, Tod eines Angehörigen oder einer abgebrannten Wohnung nicht teilnehmen kann. Der Veranstaltungsausfall ist ausdrücklich nicht versichert.

Welche Rechte habe ich als Dauerkartenbesitzer?

Meistens erstatten die Veranstalter einen Prozentsatz des Preises. In der Bundesliga gibt es pro Saison 17 Heimspiele, ein Dauerkartenbesitzer erhält für jedes Spiel, das er nicht sehen kann, ein Siebzehntel des Preises.

Sind die Veranstalter selbst versichert?

Das ist unterschiedlich. Viele Bundesligaklubs haben keine Versicherung gegen den Ausfall. Viele Konzertveranstalter sind ebenfalls nicht versichert. Diejenigen, die sich gegen den Ausfall versichert haben, liegen allerdings gerade im Streit mit den Versicherern. Die wollen für künftige Veranstaltungen das Risiko ausschließen, falls diese wegen einer Epidemie abgesagt werden müssen. Der Düsseldorfer Anwalt Mark Wilhelm glaubt, dass die Veranstalter sich in den meisten Fällen das Geld von Versicherern wiederholen können. Das gilt nicht, wenn der Veranstalter freiwillig absagt.

Kann sich ein Veranstalter Geld von der Gemeinde, dem Land oder dem Bund holen, wenn ein Event wegen einer behördlichen Anordnung abgesagt werden muss?

Nein, sagt Wilhelm: "Nach allgemeinen Staatshaftungsregeln gibt es hier keinen Anspruch." Denn der Staat sei nicht dafür verantwortlich, dass die Corona-Epidemie ausgebrochen ist.

Was passiert, wenn ein Veranstalter wegen der Ausfälle pleite geht?

Das ist bisher im Zusammenhang mit der Corona-Epidemie nicht geschehen. Allerdings: Sollte ein Anbieter insolvent werden, haben Verbraucher keinen Anspruch mehr auf die Erstattung des vollen Preises. Sie müssen dann das Geld vom Insolvenzverwalter verlangen, wahrscheinlich gibt es nur einen Bruchteil.

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Ich habe eine Pauschalreise gebucht. Kann ich die Reise stornieren?

Ja, aber der Veranstalter kann eine Gebühr bis zu 100 Prozent des Reisepreises verlangen. Allerdings: Die meisten Veranstalter zeigen sich inzwischen kulant und bieten Alternativtermine oder andere Reiseziele an. Wer jetzt bucht, hat gute Karten: "Viele Reiseveranstalter bieten mittlerweile eine kostenlose Stornierung an", sagt Buttler.

Und wenn ich das Hotel direkt gebucht habe?

Dann müssen Sie auf Kulanz hoffen - der Vertrag kann nicht einfach gekündigt werden. Möglicherweise stellt das Hotel dann einen Gutschein aus, statt den Betrag zu erstatten. Allerdings: Wenn das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausgesprochen hat oder das Reiseziel wie in Italien aktuell nicht erreichbar ist, steigen die Chancen des Kunden, sein Geld erstattet zu bekommen.

Zahlt die Reiserücktrittsversicherung?

Die Angst vor einer Ansteckung reicht nicht aus. Aber wer an Corona erkrankt ist oder einen nahen Verwandten hat, der krank ist, erhält vom Versicherer eine Rückerstattung. Allerdings habe manche Versicherer in ihren Bedingungen einen Pandemie-Ausschluss. Weil die Weltgesundheitsorganisation die Corona-Welle zur Pandemie erklärt hat, müssen sie nicht zahlen.

© SZ vom 12.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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