Öffentlich-Rechtliche:Frauen hören

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Der Westdeutsche Rundfunk, der Bayerische Rundfunk und Deutschlandfunk Kultur verpflichten sich zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. In Hörspielproduktionen wollen sie künftig ebenso viele Frauen wie Männer als Regisseure und Autoren beschäftigen.

Von Stefan Fischer

Der Westdeutsche Rundfunk, der Bayerische Rundfunk und Deutschlandfunk Kultur wollen in ihren Hörspielproduktionen künftig ebenso viele Frauen wie Männer beschäftigen als Regisseure, Komponisten, Autoren und Bearbeiter. Auslöser dieser Selbstverpflichtung sind die so genannten Karlsruher Postulate: Bei den ARD-Hörspieltagen im vergangenen November gab es einen Thementag, der sich mit der Frage befasst hat, wie weiblich der Kulturbetrieb ist. An dessen Ende haben mehr als hundert Kulturschaffende in Karlsruhe die dort formulierten Postulate unterzeichnet. Sie enthalten Forderungen, aber auch Selbstverpflichtungen, die zu mehr Geschlechtergerechtigkeit im Kunstbetrieb führen sollen.

Dabei geht es sowohl um strukturelle als auch um inhaltliche Veränderungen: "Wir wollen eine Gleichberechtigung erreichen sowohl im wirtschaftlichen wie im weltanschaulichen Sinn", sagt Martina Müller-Wallraf, Hörspielleiterin beim WDR. Ihre Redaktion ist am weitesten bei der paritätischen Auftragsvergabe - und wird damit wohl Maßstäbe setzen bei den Öffentlich-Rechtlichen, da der WDR mit Abstand das größte Produktionsvolumen im deutschsprachigen Hörspiel hat. Bereits seit November vergibt die Redaktion Aufträge nach den Maßgaben der Gleichberechtigung. Wobei sie sich bemüht, auch Teams zu bilden. "Das machen wir aber nicht nur, um eine Quote zu erfüllen. Wir wollen die Geschichten, die wir erzählen, dadurch verändern, dass mehr Frauen beteiligt sind", sagt Müller-Wallraf.

Bilanz gezogen werden soll am Ende des Jahres. Schwieriger als bei den Neuproduktionen sei es, bei den Wiederholungen Frauen den gleichen Platz einzuräumen. Im Repertoire findet sich nun einmal ein großer Männerüberschuss unter den Autoren und Regisseuren.

DLF Kultur möchte im Sommer damit beginnen, die Aufträge paritätisch zu vergeben. Marcus Gammel, Leiter der Abteilung Radiokunst, sieht im Vorfeld jedoch noch Gesprächsbedarf. Und, ebenso wie seine Kolleginnen Martina Müller-Wallraf und Katarina Agathos vom BR, die Notwendigkeit, Frauen überhaupt erst einmal zu ermutigen, Projekte einzureichen. Und die Arbeitsprozesse so zu organisieren, dass sich familiäre Verpflichtungen und Teilzeitarbeit etwa mit der Inszenierung einer mehrteiligen Großproduktion vereinbaren lassen. Auch Katarina Agathos ist entschlossen, paritätisch produzieren. Vorher müsse sie allerdings erst einmal die Grundlagen dafür schaffen.

© SZ vom 16.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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