Corona-Krise:Zu viel Klopapier in den Backen

Coronavirus - Siegen

Offenbar ein wertvolles Gut in Krisenzeiten: Toilettenpapier.

(Foto: dpa)

Der Begriff des Hamsterns stammt aus einer Zeit, die noch viel schwieriger war als heute. Vielleicht würde es ja helfen, wenn sich die Leute das bewusst machen.

Kolumne von Stephan Handel

Vermutlich waren eine Menge Kinder sehr enttäuscht, als sie dahinterkamen, was ihre Eltern eigentlich meinten mit der Ankündigung, sie würden nun einen Hamsterkauf tätigen. Weil die Zeiten schlecht sind und niemand weiß, wann's besser wird, drängt es offenbar viele Menschen dazu, Vorräte anzulegen. Sie tun das, nach allem, was man weiß, auf nicht sehr logische Art und Weise: Welchen Sinn soll es bitte haben, zur Vorbereitung auf eine eventuell drohende Erkrankung der oberen Atemwege große Mengen an Toilettenpapier zu horten? Wären da nicht Hustenbonbons, Kamillentee, von mir aus auch noch Papiertaschentücher gescheiter? Aber der Mensch ist so, "egal, was man nimmt, Hauptsache viel", singt Element of Crime.

Mit der Warenwirtschaft ist es doch so: Der Einzelhändler erklärt sich bereit, die Dinge des täglichen Bedarfs so lange aufzubewahren, bis ein Mensch - der dann Kunde heißt - sie brauchen kann. Der Kunde zahlt dem Händler dann sozusagen eine Gebühr für die Zeit, die er die Ware für ihn gelagert hat, was den Vorteil hat, dass Toilettenpapier, Hustenbonbons und Kamillentee zu Hause nicht die ganze Wohnung vollstellen und Platz bleibt für die neunbändige Musil-Gesamtausgabe. Wenn nun aber diese gewinnbringende und altbewährte Methode gestört wird - dann wird's schwierig.

Denn nun glaubt der Kunde dem Händler nicht mehr, dass er seine Sachen gerecht und ausreichend an alle Menschen verteilt, sondern dass irgendwie ein Mangel herrscht, und dass deshalb die, die zuerst kommen, auch am meisten abbekommen. Und weil der Mensch das dem liebsten Nachbarn nicht gönnt, geht er lieber gleich selber hin und stopft sein Zuhause mit einem Jahresvorrat an Toilettenpapier voll, sodass der arme Musil kaum noch Luft bekommt. Und der Einzelhändler muss Schilder aufhängen, dass jeder nur ein Kreuz, äh, eine Packung Klopapier erstehen kann.

Doof, oder? Wie viel einfacher wäre das Leben in schwierigen Zeiten, wenn die Menschen sich daran erinnern würden, dass diese, die Zeiten, schon einmal viel schwieriger waren, und dass aus diesen Zeiten auch der Begriff des Hamsterns kommt: Als die Leute aus der Stadt aufs Land fuhren nach dem Krieg und den Landleuten ihre Lebensmittel abzuschwatzen versuchten, weil sie selbst nichts hatten. Seinen Namen trägt diese Art der Vorratshaltung aus Mangel übrigens, weil der Hamster sein Essen in seinen Hamsterbacken aufbewahrt, bis er es zum Verzehr benötigt. Ehrlich Leute: Mit Klopapier möchte das bestimmt keiner probieren.

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