Nach der Kommunalwahl:Goodwin nimmt seine Mandate nicht an

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Zieht nun doch nicht nach Karlsfeld: Der SPD-Bürgermeisterkandidat Bernhard Goodwin. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Er wollte Karlsfelds Bürgermeister werden, nun gibt der Mann von der SPD seine Sitze im Kreistag und Gemeinderat auf

Von Christiane Bracht, Karlsfeld/Dachau

Bernhard Goodwin wollte es wissen: Er kandidierte als Bürgermeister für Karlsfeld, als Gemeinderat und als Kreisrat. Und die Wähler mochten ihn, obwohl er einer von außen war. Fast 9000 Stimmen bekam Goodwin im Landkreis Dachau, 2983 sammelte er als Gemeinderat und stand so bei der SPD sogar auf Position eins und zwar mit großem Abstand zu allen anderen Kandidaten, die seit Jahren im Gremium sitzen. Weitere 1903 Karlsfelder wollten ihn auf dem Chefsessel des Rathauses sehen - zu wenige, findet Goodwin jetzt. Sein Konkurrent Stefan Kolbe (CSU) bekam immerhin mehr als doppelt so viele Stimmen (4277). Mit seinem Gemeinderats- und Kreistagsmandat will sich der SPD-Politiker jedoch nicht zufrieden geben. Er wollte Bürgermeister werden. Deshalb hat er jetzt die Entscheidung getroffen, seine Mandate nicht anzunehmen.

"Schade", sagen die Genossen. Manche schweigen auch lieber. "Er ist ein super netter Kerl und sehr kompetent. Er hätte uns mit seinen Ideen weiterbringen können", sagt Hubert Böck, der Sprecher der Kreistags-SPD. In Karlsfeld ist man betrübt: "Man muss seine Entscheidung respektieren. Ihn gehen zu lassen, tut schon weh", sagt Venera Sansone, die stellvertretende Fraktionssprecherin. Ganz überraschend kommt die Entscheidung von Goodwin nicht. Wer ihn während des Wahlkampfs gefragt hatte, ob er es ernst meine und tatsächlich nach Karlsfeld ziehen würde, dem versicherte er, dass er seine ganze Kraft in diese Wahl hineinsetzte, um Bürgermeister zu werden. Er sei ein Gestalter. Wenn er jedoch nicht gewählt werde, wisse er noch nicht, ob er nach Karlsfeld komme. Jetzt hat er sich dagegen entschieden. Ein schneller Entschluss sei der beste Weg, befand Goodwin. Dann könne die SPD besser in die neue Amtsperiode starten.

Für ihn zählte am Ende vor allem seine private Situation. Seine Lebensgefährtin, mit der er schon seit eineinhalb Jahren zusammen ist, hat es geschafft in den Münchner Stadtrat einzuziehen. Sie muss also in der Stadt bleiben, um ihr Mandat annehmen und behalten zu können. Er hätte nach Karlsfeld ziehen müssen. Ein gemeinsames Leben wäre damit für die nächsten sechs Jahre nicht möglich. Das wollte Goodwin aber so kategorisch nicht ausschließen. Als Bürgermeister hätte er dagegen im Norden von München wohnen können.

Der längere Weg zur Arbeit war am Ende wohl auch ausschlaggebend: "Statt 20 Minuten mit dem Rad wäre ich täglich mindestens eineinhalb Stunden unterwegs", erklärt der Kandidat. Das habe er doch vorher gewusst, kann man ihm vorhalten.

Vielleicht hätte er sich die Sache anders überlegt, wenn es gelungen wäre, die politischen Mehrheitsverhältnisse in Karlsfeld zu ändern und er zweiter Bürgermeister hätte werden können, sagt der Münchner. Doch: "Ich sehe keinen Aufbruch. Die konservative Mehrheit ist geblieben. Da habe ich mich gefragt, wie viel ich noch gestalten kann?", erklärt er. "Ich bin mir bewusst, dass diese Entscheidung nicht wirklich klasse ist. Wenn man zur Wahl antritt, sollte man bereit sein, sie auch anzunehmen. Das belastet mich." Doch als Wahlbetrug will Goodwin sein Handeln nicht sehen. Er habe immer kommuniziert, dass er sich noch nicht sicher sei. Deshalb habe er auch weniger Stimmen bekommen. Im übrigen sei die Ablehnung des Mandats in der Demokratie vorgesehen.

Vorzuwerfen habe er sich nichts, denn er habe sich in Karlsfeld sehr engagiert, viel in den Wahlkampf investiert. Wenn die Grünen ihn unterstützt hätten, wäre es gelungen, noch ein paar Prozent mehr zu holen und in die Stichwahl zu kommen. "Das hätte dann eine andere politische Dynamik gehabt." Natürlich verstehe Goodwin, wenn viele Wähler, aber auch Genossen enttäuscht seien. Einige hätten ihm schon signalisiert, dass sie sein Verhalten nicht gut fänden. Doch Goodwin sieht es so: "Ich habe mich um einen hochverantwortungsvollen Job beworben mit einem ein Jahr währenden Assessment-Center. Jetzt habe ich einen hochverantwortungsvollen Job angeboten bekommen, aber zu einem Praktikumsgehalt. Das habe ich abgelehnt."

"Wir haben Bernhard Goodwin sehr zu schätzen gelernt", sagt Sansone. "Er kann gut motivieren und hat viel bewegt." Praktisch jeden Tag war der SPD-Bürgermeisterkandidat in den vergangenen Monaten in Karlsfeld unterwegs, hat an den Haustüren geklingelt und mit den Leuten gesprochen. "Er war sehr präsent", sagt Sansone. Darin liegt wohl auch das Geheimnis seines Erfolgs. Als Mann von außen habe er viel frischen Wind hereingebracht und obwohl viele ihm keine Chance gaben, weil er nicht aus dem Ort ist, schaffte er ein gutes Ergebnis. "Er hätte viel Gutes bewegen können", sagt Sansone. Man werde in Kontakt bleiben, versichert Böck. Goodwin versprach, die Vernetzung zwischen Karlsfeld und München zu verbessern und weiterhin mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Im Kreistag rückt für ihn Michael Grimmer aus Vierkirchen nach. Im Karlsfelder Gemeinderat Robin Drummer, der bereits im Gremium sitzt und seinen Platz hätte räumen müssen.

© SZ vom 20.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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