Patentrecht:"Ein Bärendienst"

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Ein neues internationales Patentgericht soll es Erfindern und Unternehmen leichter machen, ihre Entwicklungen zu schützen: Einmal erteilt, sollte das Patent in allen relevanten Staaten gelten. Nun aber hat das Bundesverfassungsgericht das Verfahren gestoppt.

Das europäische Einheitspatent soll Unternehmen beim Anmelden ihrer Erfindungen Zeit und Geld sparen - aber jetzt hat das Projekt einen schweren Rückschlag erlitten. Die für den Start zwingend erforderliche deutsche Zustimmung hat keine Grundlage mehr. Das Bundesverfassungsgericht erklärte ein dafür notwendiges Gesetz nach der Verfassungsbeschwerde einer Einzelperson für nichtig. Das wurde am Freitag in Karlsruhe mitgeteilt (Az. 2 BvR 739/17).

Schon heute kann ein Unternehmen seine Erfindung mit einem nationalen oder einem europäischen Patent schützen. Europäische Anmeldungen prüft zentral das Europäische Patentamt (EPA) in München. Allerdings müssen die erteilten Patente anschließend in jedem Land, in dem sie gelten sollen, einzeln für gültig erklärt und aufrechterhalten werden. Laut EPA kann das ein sehr komplexer Prozess sein, der Unternehmen unter Umständen auch sehr viel Geld kostet.

Der Plan: ein Antrag für ein Einheitspatent

Mit dem Einheitspatent soll es einfacher gehen. Die Idee dahinter ist, dass jeder Inhaber eines europäischen Patents zentral einen Antrag auf einheitliche Wirkung stellen kann. Damit soll das Patent auf einen Schlag in allen teilnehmenden Staaten gelten.

Das System kann aber erst starten, wenn auch das vorgesehene Einheitliche Patentgericht (EPG) eingerichtet ist. Dieses neue internationale Gericht soll über die Gültigkeit oder Verletzung von Einheitspatenten oder europäischen Patenten entscheiden. Bisher sind dafür nationale Gerichte und Behörden zuständig.

Die Verfassungsbeschwerde, die ein Fachanwalt eingelegt hatte, richtete sich gegen dieses Gericht, genauer gesagt: gegen das Ja des Bundestags zur deutschen Zustimmung. Die Parlamentarier hatten das Gesetz im April 2017 einstimmig angenommen. Anwesend waren damals allerdings nur ungefähr 35 der mehr als 600 Abgeordneten. Die Verfassungsrichter erklärten den Beschluss deshalb für nicht wirksam. Nach ihrer Entscheidung hätte das Gesetz mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden müssen, denn es bewirke in der Sache eine Verfassungsänderung - deutsche Gerichte würden dadurch verdrängt.

Industrieverband sieht Wettbewerbsfähigkeit geschwächt

Wie es nun mit dem europäischen Einheitspatent weitergeht, war zunächst unklar. Das Projekt liegt seit drei Jahren auf Eis, weil der Bundespräsident wegen der Klage in Karlsruhe das Zustimmungsgesetz seit 2017 nicht ausgefertigt hatte. Die drei Länder mit den meisten europäischen Patenten müssen zwingend ihre Zustimmung erteilen. Dazu gehört Deutschland. Bisher ging man beim Europäischen Patentamt davon aus, dass das Einheitspatent voraussichtlich Ende 2020 starten kann.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erklärte, das Verfassungsgericht erweise der Wirtschaft einen Bärendienst. "Mit der Entscheidung gegen die Patentreformen wird ein effektiver und bezahlbarer Innovationsschutz für die Unternehmen blockiert", sagte Iris Plöger, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. Das schwäche die Wettbewerbsfähigkeit Europas gegenüber Regionen in China und den USA. Laut BDI liegen die Kosten für ein europaweites Patent nach Berechnungen der EU-Kommission derzeit bei rund 36 000 Euro. Mit dem Einheitspatent würden sie demnach auf knapp 5000 Euro sinken.

© SZ vom 21.03.2020 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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