Fürstenried:Im Treibhaus spielt die Musik

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Zehn Bands nutzen für gewöhnlich den Probenraum des Fürstenrieder Jugendzentrums, das heuer 30 Jahre alt wird. Im Schatten der Corona-Krise bereitet die neue Leiterin Silja Lenz die Jubiläumsfeier vor

Von Jürgen Wolfram, Fürstenried

Längst hat sich die pandemische Stille auch über diese Einrichtung gesenkt. Bis vor ein paar Wochen klang das ganz anders, da präsentierte sich das Jugendzentrum Treibhaus (JUZ) an der Züricher Straße in Fürstenried-Ost noch als höchst kommunikativer Ort. An einem Tag Anfang März etwa fragten sich Beobachter, ob gerade eine Schulklasse zu Besuch sei oder eine "Studio-Action mit Simon" ihren Lauf nehme. Oder rührte die aufgekratzte Stimmung von einem Turnier-Tag mit Kicker, Bingo, Playstation? So oder so, wenn nicht gerade ein Virus umgeht, ist im Treibhaus immer was los. Möglicherweise kommt es in diesem Jahr sogar noch heftiger als sonst - so es die Corona-Krise zulässt. Denn das beliebte JUZ des Trägervereins "schule.beruf" feiert sein 30-jähriges Bestehen. Und es hat eine neue Leiterin, Silja Lenz. Sie wirkt, als habe sie ein großes Los gezogen.

Silja Lenz, die aus Erding stammt und in Milbertshofen wohnt, hat nach dem Studium der Sozialarbeit und angewandten Sozialforschung fünf Jahre lang Erfahrung im Pasinger Jugendtreff Aquarium gesammelt. Neuerdings trägt sie eine Menge Verantwortung mehr, auch weil die Träger der Jugendarbeit Dienst- und Fachaufsicht gern verstärkt an jene Kräfte delegieren, die an Ort und Stelle das Geschehen lenken. Der selbstbewussten 32-Jährigen ist deshalb nicht sonderlich bang. Auf ein vierköpfiges Team und ein paar ehrenamtliche Helfer gestützt, behält sie gelassen den Überblick. Das Jahr 2020 wird die Sozialbetriebswirtin dennoch kaum je vergessen. Wegen der vielen neuen Aufgaben zwischen Jahresbericht und Programmgestaltung nicht, aber auch wegen der umfänglichen Vorbereitungen des Jubiläumsfestes im Schatten der Corona-Krise. Dazu gehört - da muss man erst mal drauf kommen - das Aufhübschen der Hausfassade.

Leiterin Silja Lenz, die im Pasinger Jugendtreff Aquarium Erfahrung gesammelt hat, ist mit ihrem neuen Arbeitsplatz sehr zufrieden. (Foto: Florian Peljak)

Das Treibhaus in Fürstenried verzeichnet pro Jahr 13 000 Besuche. Für die Jugend im Münchner Süden spielt hier im Wortsinn die Musik; zehn Bands nutzen allwöchentlich den Probenraum. Neun Konzerte holt die Leitung jährlich ins Haus. Wobei in diesen Zeiten deutscher Rap die Hitliste deutlich anführt. Ansonsten darf die Hauptzielgruppe, Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zehn und 18 Jahren, sich im Sozialraum an der Planung von Stadtteilfesten beteiligen, Süßigkeiten herstellen oder einfach nur chillen. Es gibt geschlechtsspezifische Tage, etwa für Mädchen, ferner Winter- und Sommerfreizeiten. Auf diese Weise haben Jugendliche auch aus weniger wohlhabenden Familien schon Kössen in Tirol, Paris und den Gardasee kennengelernt. Der schulischen Performance wird im "Lerncafé" nachgeholfen.

Ideal mit Bussen und U-Bahn erreichbar, ist das Treibhaus alles andere als ein Brennpunkt-JUZ. "Wir haben Kontakt zu allen erdenklichen Schularten, was fast schon Luxus ist", sagt Silja Lenz. Die Frage nach Alkohol-, Drogen- oder Gewaltproblemen macht die Einrichtungsleiterin beinahe staunen. "Wem die Hand ausrutscht oder wer mobbt, der kriegt vorübergehend Hausverbot", berichtet sie. Das reiche meistens, denn für die JUZ-Klientel gebe es kaum etwas Schlimmeres, als vom "Treibhaus"-Treiben ausgeschlossen zu sein. Der Verrohung der Sprache werde durch klare Ansagen vorgebeugt, meist ebenfalls mit nachhaltiger Wirkung. Doch seien dies eher sozialpädagogische Ansätze, relativiert Lenz: "Wir neigen dazu, den Umgang der Jugendlichen untereinander kritischer zu sehen als die jungen Leute selbst."

Im Probenraum des Jugendzentrums herrscht Hochbetrieb, wenn das Treibhaus geöffnet ist (Foto: Florian Peljak)

Stützen kann sich Lenz, wacher Blick, legere Klamotten, nicht nur auf enge Kontakte zum Stadtjugendamt und "kurze Wege" zu den entscheidenden Leuten im Trägerverein. Das Treibhaus genießt offenbar auch Sympathien bei Vereinen wie dem FC Bayern, dessen Vertreter den Jugendlichen unlängst den kostenfreien Besuch eines hochklassigen Basketballspiels ermöglichten, oder auch unter Kommunalpolitikern. Wiederholt gewürdigt worden ist in diesen Kreisen, wie Jugendliche aus Fürstenried sich kreativ in die Neuplanung des Südparks eingebracht haben.

All das dürfte am Samstag, 18. Juli, zur Sprache kommen, sofern das Dreißigjährige dann gefeiert werden kann. Eigentlich soll es ein buntes Fest werden für die Besucherinnen und Besucher des JUZ, für Ehemalige und die Leute aus der Nachbarschaft. "Verschiedene Wünsche" zur Programmgestaltung liegen bereits vor. Verköstigung an diversen Stationen, eine Fotobox für Erinnerungsbilder, kleine Bühnenbeiträge - solche Sachen. Vielleicht schauen auch Silja Lenz' Vorgänger auf einen Sprung vorbei. Hatten schließlich auch ihren Anteil am positiven Erscheinungsbild des Jugendtreffs.

© SZ vom 25.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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