Verkehr und Corona:Freie Fahrt

Lesezeit: 2 min

Verkehrsdaten offenbaren einen dramatischen Rückgang des Autoverkehrs in Deutschland. Im Bild die leere Autobahn am Leiziper Flughafen. (Illustration: SZ.de) (Foto: dpa)

Weniger Verkehr, weniger Stau - die Corona-Krise zeigt, wie sich das Mobilitätsverhalten im Zuge der Corona-Beschränkungen verändert. Anhand von Verkehrsdaten lassen sich die Auswirkungen auf Städte und Autobahnen nachzeichnen.

Von Christina Kunkel und Benedict Witzenberger

"Wo kann man denn überhaupt noch schneller als 130 fahren? Ist doch eh ständig Stau." In Zeiten der Corona-Krise wirkt dieses Argument, das sonst immer reflexartig in der Diskussion um ein mögliches Tempolimit auf deutschen Autobahnen fällt, ganz weit weg. Aktuelle Verkehrsdaten zeigen, wie sehr unser Mobilitätsverhalten getrieben ist vom Berufs- und Freizeitverkehr. Das gilt sowohl für die sonst dauer-verkehrsüberlasteten Städte als auch für die Autobahnen. Dort könnte man an vielen Stellen zur Zeit locker durchgehend 200 Stundenkilometer und schneller fahren - weil einfach kaum noch jemand unterwegs ist.

Die Auswirkungen zeigten sich sogar schon, bevor die ersten Ausgangsbeschränkungen wirksam wurden. Wie aktuelle Staudaten des ADAC belegen, gab es in der vergangenen Woche (KW 12) - also noch vor den offiziellen Ausgangsbeschränkungen - knapp 4 000 Staus mit einer Gesamtlänge von rund 4 900 Kilometern. Die Gesamtdauer der registrierten Staus betrug etwa 1370 Stunden. Noch in der Woche zuvor (KW 11) zählte der ADAC gut 9400 Staus mit einer Gesamtlänge von 14 500 Kilometer. Die Zeit, die Autofahrer im Stau verloren, lag bei 4350 Stunden.

Alleine während der vergangenen Woche nahm der Verkehr und damit die Staus deutlich ab: während Montag und Dienstag noch 840 beziehungsweise 995 Staus gezählt wurden, waren es am Freitag - für gewöhnlich einer der staureichsten Wochentage - nur noch 396.

Zugenommen haben laut ADAC indes die Autobahnbaustellen. In der laufenden Woche (KW 13) sind an den deutschen Fernstraßen 609 Baustellen eingerichtet. In der Vorwoche waren es noch 582 Baustellen, noch eine Woche früher lediglich 573. Inwieweit auf den Baustellen derzeit die Arbeiten aufrechterhalten werden können, ist jedoch unklar.

Auch innerhalb der Städte ist es momentan sogar zur Rushhour so gut wie staufrei. Wer morgens und am frühen Abend im Radio die Verkehrsmeldungen laufen lässt, bekommt nichts vom sonst obligatorischen stockenden Verkehr auf dem Mittleren Ring in München zu hören. Und das, obwohl gerade wohl jeder, der noch draußen unterwegs sein muss und ein eigenes Auto besitzt, dieses dem öffentlichen Nahverkehr vorzieht.

Daten der Firma Tomtom, die anonymisiert von den Nutzern ihrer Navigationssysteme erhoben werden, zeigen, wie stark sich die Corona-Krise auf den Straßenverkehr in deutschen Städten auswirkt.

Ein Beispiel: München, 23. März. Eigentlich ein ganz normaler Montag. Allerdings gilt in ganz Bayern seit dem 21. März eine weitgehende Ausgangsbeschränkung, auch die Schulen und Universitäten haben geschlossen. Statt der regulären Rushhour zwischen 7 und 9 Uhr am Morgen und zwischen 16 und 18 Uhr gibt es jetzt fast keinen Ausschlag mehr in der relativen Verkehrsbelastung. Von morgens bis abends fließt der Verkehr ohne größere Veränderungen vor sich hin.

Dieses Phänomen lässt sich auch in anderen deutschen Großstädten beobachten. Schon seit dem 13. März nimmt die Zahl der Autos auf den Straßen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahres-Mittelwert massiv ab. In den ersten Tagen dürfte das vor allem der ausgebliebene Verkehr zu den Schulen gewesen sein, viele Eltern bleiben zuhause im Homeoffice - um ihre Kinder zu betreuen.

Inzwischen ist die mittlere Verkehrsbelastung in deutschen Städten teilweise um fast 40 Prozent gesunken. An normalen Werktagen liegt die Auslastung normalerweise im Schnitt um die 20 Prozent, aktuell sind es eher um die 13 Prozent. Es ist also teilweise gespenstisch leer auf den Straßen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Alle Daten zur Pandemie
:Aktuelle Zahlen zum Coronavirus

In welchen Grafiken lässt sich die Dynamik der Pandemie am besten abbilden? Der ständig aktualisierte Daten-Überblick der SZ hilft, Entwicklungen und die aktuelle Lage einzuschätzen.

Von Markus Hametner, Sören Müller-Hansen und Benedict Witzenberger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: