Kommentar:In der Not zählt Vertrautes

In Krisenzeiten wollen die Wähler keine Experimente. Abgestraft werden nur Bürgermeister, die grobe Fehler gemacht haben

Von Lars Brunckhorst

Der heilige Christophorus ist einer der vierzehn Nothelfer. Als solcher wird er von der Kirche auf Ikonen als Riese mit Stab in der Hand dargestellt, der das Jesuskind auf seinen Schultern über einen Fluss trägt. Es gäbe wohl aktuell keinen besseren Namenspatron für Landrat Christoph Göbel. Denn die Wähler sehen in ihm ganz offenbar den Richtigen, der sie als oberster Krisenmanager im Landkreis durch diese Pandemie führen möge. Deshalb haben sie den CSU-Politiker am Sonntag in der Stichwahl mit einem eindrucksvollen Ergebnis für weitere sechs Jahre bestätigt.

Dass auch Göbels Herausforderer, der Grüne Nadler, mit Vornamen Christoph heißt, vermochte diesem nicht zu nutzen. Die große Mehrheit vertraut in schweren Zeiten erfahrenen Kräften, politische Experimente haben da wenig Chancen. Deshalb hat es auch nirgends zu weiteren grünen Bürgermeistern gelangt: nicht in Unterhaching und auch nicht in Schäftlarn. Es bleibt das Alleinstellungsmerkmal von Pullach, auch die nächsten sechs Jahre als einzige Gemeinde im Landkreis grün regiert zu werden. Der Sieg von Susanna Tausendfreund wiegt doppelt, weil sie sich gegen ein breites konservatives Bündnis behauptete.

Weil die Wähler in der Krise auf das Vertraute setzen, haben es auch von den neun Bürgermeistern im Landkreis, die in einer Stichwahl um ihre Wiederwahl kämpfen mussten, sechs geschafft. Ob Dietmar Gruchmann in Garching, Stefan Straßmair in Hohenbrunn oder Wolfgang Panzer in Unterhaching - jeweils eine große Mehrheit weiß, was sie an ihren Amtsträgern hat. Umso mehr müssen sich jene Bürgermeister, die verloren haben, fragen, was sie falsch gemacht haben in den vergangenen sechs Jahren. Bei Christian Kuchlbauer in Oberschleißheim war es offenkundig fachliche Unfähigkeit, bei Gabriele Müller in Haar politische: Statt die Polarisierung zwischen Rot-Grün und CSU zu befrieden, hat sie diese verstärkt.

Für alle Gewählten, die Wiedergewählten wie die Neugewählten, gilt nun gleichermaßen: Sie müssen nicht nur das Vertrauen der Wähler rechtfertigen, sie gut durch die aktuelle Krise zu führen, sondern auch die kommenden sechs Jahre durch das voraussichtlich vor ihnen liegende Tal mit sozialen und wirtschaftlichen Folgeschäden der Corona-Pandemie, deren gesellschaftlichen Verwerfungen und leereren Gemeindekassen. Sie werden den Beistand von mehr als einem Nothelfer benötigen.

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