Stichwahl in München:Das Wahl-Experiment ist geglückt

Auszählen der OB-Stichwahl im MOC

Bis zum Mittag waren schon 600 000 Wahlbriefe eingegangen.

(Foto: Florian Peljak)

Kommunalwahl trotz Corona-Krise? Die Bedenken waren groß, ob das gelingen kann. Die Münchner haben die Zweifel eindrucksvoll weggewischt.

Kommentar von René Hofmann

Die Bedenken waren groß. So groß, dass der Landtag in der Woche vor der Stichwahl noch eine gesetzliche Regelung beschloss, um dem Votum Rechtssicherheit zu garantieren. Eine Wahl als reine Briefwahl - das war ein Novum in der bayerischen Geschichte. Und in München hatte dieses Novum eine ganz besondere Bedeutung. Weil es hier besonders viele Corona-Kranke gibt und die Pandemie den Alltag auf besondere Weise beeinflusst. Weil es hier besonders viele Wähler gibt - rund 1,1 Millionen - und es deshalb eine logistische Herausforderung war, allen die Unterlagen rechtzeitig zukommen zu lassen und genügend Möglichkeiten zur fristgerechten Abgabe zu schaffen.

Diese Art der Wahl - sie war ein Experiment. Was tun, wenn die Wahlunterlagen nicht rechtzeitig in meinem Briefkasten landen? Wohin mit dem Brief, wenn ich erst am Wahltag dazukomme, ihn aufzugeben? Die Ungewöhnlichkeit des Prozederes überlagerte mitunter die Unterschiedlichkeit der Kandidaten: Worin sich Herausforderin Kristina Frank (CSU) von Amtsinhaber Dieter Reiter (SPD) unterschied - das war bereits vor dem ersten Wahlgang deutlich geworden.

Im Schlussspurt schärften die beiden ihr Profil nicht mehr nennenswert nach, auch weil dazu die Gelegenheiten fehlten: Klinkenputzen, Podiumsdiskussionen - all das fiel wegen des Corona-Ausnahmezustandes weg. Frank blieb nur die Flucht in virtuelle Angebote, Reiter zog sich auf seine Rolle als Krisenmanager zurück.

All dies war so noch nie vorgekommen, und deshalb war die Frage an diesem Sonntag nicht nur: Reiter oder Frank? Sie war auch: Wie würden all diese Ungewöhnlichkeiten bei den Wählern ankommen? Würden sie die Lust an der Wahl bremsen? Vielleicht sogar so sehr, dass diese als verzerrt gelten würde?

Diese Bedenken haben die Münchnerinnen und Münchner am Sonntag eindrucksvoll weggewischt. Bis zum Nachmittag waren schon 600 000 Briefwahlunterlagen im Kreisverwaltungsreferat angekommen. Die Lust an der Wahl war größer als 2014 beim Showdown zwischen Reiter und Josef Schmid (CSU), als die Wahlbeteiligung gerade einmal bei 38,5 Prozent gelegen hatte. Sie war so groß, dass Reiter in den kommenden sechs Jahren mit einem überwältigenden Mandat regieren kann.

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