Spanien:Rationaler Glaube

Die Kirche erkannte die Gefahr früher als die Madrider Regierung.

Von Thomas Urban

Auch in Spanien gibt es katholische Pfarrer, die über die Corona-Geißel als Strafe Gottes für die sündige Menschheit predigen. Doch sind dies Einzelfälle, das oberste Gremium der Kirche, die Bischofskonferenz, hat rational reagiert: Der nun verkündeten Absage der traditionellen Prozessionen in der Semana santa, der Karwoche, ging schon Anfang März die Empfehlung vor allem an ältere Menschen voraus, die Sonntagsmesse zu Hause am Bildschirm zu verfolgen.

Vermutlich, weil sie ständig nach Rom und Italien schauen, hatten die Kirchenoberen somit viel schneller die drohenden Gefahren erkannt als die Madrider Linkskoalition. Die erlaubte noch die großen Kundgebungen zum Internationalen Frauentag am 8. März. Dabei hatten Experten den Premier Pedro Sánchez gewarnt.

Doch die Gleichstellung von Frauen gehörte bislang zu den Paradeprojekten seines Kabinetts, da wollte man sich diesen Feiertag nicht nehmen lassen. Offenbar auf der zentralen Kundgebung in Madrid mit 120 000 Teilnehmern, dicht an dicht, haben sich dann nicht nur mehrere Ministerinnen mit dem Virus angesteckt, sondern auch die Ehefrau des bekennenden Atheisten Sánchez. Die Veranstaltung war der Brandbeschleuniger für die Ausbreitung des Virus. Ach, hätte Sánchez wenigstens dieses eine Mal auf die Weisheit der Kirche gehört!

© SZ vom 31.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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