Nordrhein-Westfalen:Verzockt

Armin Laschets Gesetzesentwurf ging zu weit.

Von Christian Wernicke

CDU-Mann Armin Laschet ist kein Haudrauf-Typ. Nicht "schneller, höher, weiter" ist sein Motto, sondern "Maß und Mitte". Der NRW-Ministerpräsident besitzt ein nicht allen Politikern gegebenes Talent, zuzuhören, abzuwägen und erst dann zu entscheiden. Beispiel Corona: Der Bayer Markus Söder mag mit seiner Ausgangsbeschränkung die Sehnsucht nach Tatmenschen befriedigt haben. Die von Laschet propagierten Kontaktverbote jedoch bremsen die Verbreitung des Virus auch - ohne Millionen Menschen daheim einzusperren.

Laschet ist fähig, zu zögern - was ihm viele als Schwäche auslegen. Das mag den Rheinländer in Zeiten, da seine Partei einen neuen Anführer und Kanzlerkandidaten sucht, zu einer Art kompensatorischer Un-Vorsicht verleitet haben: Der Gesetzentwurf, den seine schwarz-gelbe Regierung für einen besseren Infektionsschutz in NRW vorgelegt hatte, verletzte Grundrechte und war voller rechtsstaatlicher Zumutungen. Weshalb Laschet nun widerrief.

Den Schaden hat er dennoch. Entweder hat seine Staatskanzlei handwerklich geschludert. Oder, schlimmer noch, der Regierungschef selbst hat verkannt, wie sehr ein derartig dreister Vorstoß ein Verstoß gegen die eigene, besonnene Linie ist. Ein Vernunftpolitiker hat sich verzockt.

© SZ vom 02.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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