Bundesliga:Der Wiederanpfiff erfolgt im Kanzleramt

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Unklare Aussichten: Wann geht es weiter? Aktuell pausiert die Fußball-Bundesliga bis zum 30. April.

(Foto: Michael Weber/imago images)

Die Bundesliga will bald wieder spielen und drückt aufs Tempo - als Lobbyist für alle, die sich trotz Corona bewegen wollen. Zu entscheiden hat die Liga aber nix.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

So durchschlagend sind die Umfragewerte noch nicht. Jedenfalls signalisieren sie nicht, dass die Menschen es gar nicht mehr anders erwarten können, als dass die Bundesliga schnellstmöglich ihren Unterhaltungsbetrieb wieder aufnimmt. Mehr als ein Drittel der Befragten ist sogar für den sofortigen Abbruch der Saison: fürs Einfrieren der Tabelle mit dem FC Bayern ganz oben und dem SC Paderborn unten. Dass sich diese Schockstarre noch einmal auflöst, dass die fehlenden neun Spieltage 26 bis 34 nachgespielt werden, wünschen immerhin 65 Prozent.

45 Prozent geben an, sie könnten sich sogar mit sog. Geisterspielen anfreunden, Duellen ohne Publikum, ohne die der Re-Start des Fußballs derzeit ohnehin unverstellbar ist. Allerdings handelt es sich bei den Befragten, die die Agentur Nielsen Sports vor der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga (DFL) am Dienstag interviewt hatte, ausdrücklich um die Klientel des Gewerbes, also um die echten Fans.

Für einen gelungenen Neustart aber braucht es weitaus mehr als nur die absolute Mehrheit in der Stammkundschaft. Corona ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, und deshalb bedarf es eines Konsens weit über die Stadiontore hinaus in der Schlüsselfrage: Wer darf irgendwann mal wieder anfangen? Und wo? Und wie? Insofern hat die DFL nach der Videokonferenz der 36 Erst- und Zweitligisten allenfalls ein Angebot an die ermüdende Gesellschaft präsentiert, das da lautet: Wir sind bereit, für ein bisschen Zerstreuung zu sorgen! Wir werden für den Tag X, an dem man uns wieder den Ball treten lässt, gerüstet sein. Als Tag X für erste Geisterspiele haben die DFL-Klubs den 30. April fixiert, aber das ist eine Absichtserklärung, nicht mehr. Frühestens nach Ostern wird sich abzeichnen, ob sich dieses Datum mit einer fallenden Corona-Infektionskurve überzeugend in Einklang bringen lässt. Sonst muss gewartet werden, ob es im Sommer 2020 überhaupt noch mal geht.

Der Virologe empfiehlt, die Politik setzt Signale - der Fußball schaut zu

Deshalb wird es ein Solo für den Fußball nicht geben. Die Insolvenzängste, die viele Klubs plagen, können Firmen, Kulturbetriebe, Gastronomie, etcetera, etcetera ebenfalls für sich reklamieren. Der Fußball kann nur ein tragendes Showelement sein beim Soft-Opening des öffentlichen Lebens in dieser Republik jenseits der eigenen vier Wände. Und er muss Teil einer synchronisierten Aktion sein. Denn bevor die Bundesliga ihre Tore aufstellt, haben die Bundesländer bereits Mitte April die Frage zu klären, ob nach den Osterferien die Schulen wieder öffnen.

Parallel zu einer Öffnung der Stadien werden viele andere auch berechtigte Wünsche äußern. Restaurants, die ihre Tische alsbald wieder zumindest auf Einsfünfzig-Abstand stellen wollen. Theater, die in der Kleingruppe auftreten könnten, ohne Publikum (sog. Geisterspiele), aber das Ergebnis ließe sich online streamen. Orchester, die ebenfalls auf digitalem Weg versuchen, in Form und Takt zu kommen. Not macht erfinderisch? Hier passt es, denn die ins Home-Office eingekerkerte Phantasie sucht Stimulanz.

Vermutlich ist es gar nicht schlecht, dass der Fußball ein bisschen aufs Tempo drückt. Als Lobbyist für alle, die was und sich bewegen wollen. Zu entscheiden, das hat er - anfangs murrend - akzeptiert, hat der Fußball nix. Die Befehlskette steht ohne ihn. Der Virologe empfiehlt, die Politik setzt Signale. Ein Wiederanpfiff erfolgt nur im Kanzleramt.

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