Extra-Zahlung:500 Euro Bonus für Pflegekräfte

Staatsregierung will besondere Belastung in der Corona-Krise "vorläufig einmalig" finanziell honorieren. Unterdessen gibt es einen Aufnahmestopp für Alten- und Pflegeheime. VdK-Chefin Bentele kritisiert den Schritt

Von Katja Auer und Johann Osel

Bayerns Pflegekräfte sollen einen Bonus von 500 Euro erhalten. Das kündigte Ministerpräsident Markus Söder am Sonntag an. Die "vorläufig einmalige" Zahlung, wie ein Sprecher der Staatskanzlei sagte, soll aus dem Staatshaushalt finanziert werden. Eine Wiederholung ist also nicht ausgeschlossen. Profitieren sollen gut 250 000 Pflegekräfte in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen. Der Bonus soll steuerfrei sein und zeitnah ausgezahlt werden.

Der Bonus kostet den Staat 126 Millionen Euro und soll eine Anerkennung sein für die vielen Menschen, die in der Corona-Krise besonders belastet sind. Am Dienstag soll das Kabinett den Vorschlag verabschieden. Zudem hat die Staatsregierung bereits die Verpflegung mit Essen und Getränken der Pflegekräfte übernommen.

Die Landtagsgrünen hatten vergangene Woche eine monatliche Gefahrenzulage für Pflegekräfte von 500 Euro gefordert. Das sei zurzeit nicht vorgesehen, heißt es aus der Staatskanzlei. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte bereits angekündigt, Boni für Pflegekräfte bis 1500 Euro steuerfrei stellen zu wollen. Als zunächst "großartiges" Signal, dass die Staatsregierung konstruktive Vorschläge aufnehme, wertete auf SZ-Anfrage Andreas Krahl die Ankündigung. Er ist pflegepolitischer Sprecher der Grünen, selbst Krankenpfleger und in den Ferien aushelfend im Einsatz. Jedoch vergesse Söder "wichtige Rädchen im System", wie Rettungsdienste, Reinigungspersonal in Kliniken, Atemtherapeuten sowie auch die Ärzteschaft. Krahl verwies erneut auf die Idee einer permanenten "Gefahrenzulage" in der Krisenzeit. Zumindest habe Söder einen "kleinen Fauxpas" wettgemacht - nämlich, dass er mit der simplen Essensübernahme übertrieben stark geworben habe. "Zu den gewohnten Dankesworten" gebe es "diesmal eine sprichwörtliche Leberkässemmel auf die Hand dazu", hatte Krahl das vor einigen Tagen kommentiert.

Der Abgeordnete denkt auch an die Zeit nach der Krise: Es gebe nun parteiübergreifend und gesellschaftlich die Erkenntnis, dass diese Fachkräfte systemrelevant sind, "und nicht nur ein bisschen waschen und Essen verteilen". Dies müsse sich in der Bezahlung niederschlagen, die Vertreter seiner Profession sollten "laut" an ihre Rolle erinnern und Forderungen vertreten.

Marliese Biederbeck vom Berufsverband für Pflegeberufe erkennt in dem Bonus "eine nette Geste - für den Anfang". Ihrem Verband schwebt ein Risiko-Zuschlag von 50 Euro pro Schicht vor, was sich in der regel auf etwa 1000 Euro monatlich summieren dürfte; nach Ende der akuten Krise sei auch über zusätzlichen Urlaub nachzudenken. Derlei "Anreize" könnten, so Biederbeck, auch dabei helfen, unter derzeitigen freiwilligen Helfern dringend benötigte Fachkräfte zu akquirieren. Was sie ebenfalls umtreibe, sei die Ausstattung mit Masken, Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln. Bemühungen der Politik gebe es, gerade in Kliniken spürbar. An bestimmten Stellen - in der Altenbetreuung und ambulanten Pflege - komme aber "viel zu wenig an". Ein Abstand von 1,5 Metern sei auch hier schlichtweg unmöglich.

Am Samstag ist ein Aufnahmestopp für Pflegeheime und Einrichtungen für Behinderte in Kraft getreten, sie dürfen wegen der Corona-Pandemie keine neuen Bewohner aufnehmen. Das Gesundheitsministerium hat per Allgemeinverfügung die Maßnahme verhängt, um weitere Ansteckungen möglichst zu verhindern, wie Ministerin Melanie Huml (CSU) mitteilte. Die Verfügung gilt zunächst bis 19. April. Für ältere, pflegebedürftige und auch schwerbehinderte Menschen bestehe eine besonders hohe Gefahr, an Covid-19 mit schwerem Verlauf zu erkranken. Eine Ausnahme soll für Einrichtungen gelten, in denen gewährleistet ist, dass Neuzugänge 14 Tage in Quarantäne untergebracht werden können. Auch dürfen Bewohner nur dann vom Krankenhaus in Einrichtungen zurückverlegt werden, wenn sie zwei Wochen isoliert werden können und die notwendige Schutzausrüstung vorhanden ist. Andernfalls müssen Betroffene in andere Einrichtungen kommen, die zur Versorgung geeignet sind, hieß es: Senioren etwa in Reha-Einrichtungen, die Kurzzeitpflege bieten, oder Behinderte in betreuten Wohnformen. Zur Beratung von Pflegeeinrichtungen richtet das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit eine Taskforce ein, die auch Behörden am Ort unterstützen soll. In mehreren Alten- und Pflegeheimen - unter anderem in Würzburg und München - war es zuletzt zu zahlreichen Corona-Infektionen gekommen.

Kritik an der Maßnahme kam vom Sozialverband VdK. Dessen Präsidentin Verena Bentele reagierte mit Skepsis auf den Aufnahmestopp. Dieser stelle viele Menschen mit Pflegebedarf und deren Familien vor "unlösbare Probleme", sagte sie im Bayerischen Rundfunk. Es gebe auch andere Maßnahmen, vor allem mittels vermehrter Testung. Als Lösung schlug Bentele zudem die Unterbringung und Versorgung außerhalb der Heime vor, etwa in leer stehenden Hotels. Bei Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln müssten Einrichtungen für ältere Menschen bevorzugt werden, so Bentele. Der VdK bekomme viele Anfragen von Angehörigen oder Pflegebedürftigen selbst, "die sich nicht mehr zu helfen wissen". Marliese Biederbeck vom Berufsverband sieht im Aufnahmestopp dagegen den "richtigen Schritt", um Infektionsgefahren zu verringern. Ein passabler Weg sei die Verlegung nach Hause, mit guter ambulanter Pflege - wobei aber wieder das Ausrüstungsproblem auftrete.

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