Türkische Musikerin tot:Verhungert

Die türkische Sängerin Helin Bölek ist nach einem 288 Tage langen Hungerstreik gestorben. Sie und ihre Band "Grup Yorum" waren Idole oppositioneller Gruppen. Bei ihrer Beerdigung nahm die Polizei mehr als zwei Dutzend Personen fest.

Von Tomas Avenarius

Eine inhaftierte türkische Protestsängerin ist an den Folgen ihres Hungerstreiks gestorben. Helin Bölek war Sängerin der Band Grup Yorum, die in oppositionellen linken Kreisen populär ist. Sie starb dem Twitter-Account der Gruppe zufolge nach 288 Tagen Hungerstreik in einer Klinik in Istanbul. Ibrahim Gökçek, ein weiteres Bandmitglied, hungert ebenfalls. In einem Video, das die Band verbreitete, fragte Gökçek nun an die Behörden gerichtet: "Seid ihr zufrieden? Wird jemand zur Rechenschaft gezogen für den Tod einer 28-jährigen Künstlerin?"

Die Beerdigungszeremonie wurde nach Angaben oppositioneller Webseiten von der Polizei gestört, mehr als zwei Dutzend Personen seien festgenommen worden, einige noch nicht wieder freigekommen. Auf Twitter kondolierten zahlreiche Oppositionspolitiker. Grup Yorum ist bei der linken Opposition, aber auch bei Aleviten beliebt, einer liberalen Richtung des Islam. Aleviten werden in der mehrheitlich sunnitischen Türkei benachteiligt, Bölek war Alevitin. Grup Yorum wird von der Staatsanwaltschaft wegen angeblicher "Terrorunterstützung" verfolgt. Sieben Bandmitglieder kamen in Haft, zwei Bandmitglieder haben in Frankreich Asyl bekommen. Bölek selbst war 2019 aus der Haft entlassen worden, hatte aber weiter gefastet.

Die Band war 1985 gegründet worden und hatte linke Standpunkte, Menschenrechtsverstöße und die Kurdenfrage thematisiert. Mit dem Hungerstreik wollten Bölek und Gökçek durchsetzen, dass auch die anderen inhaftierten Bandmitglieder freikommen und die Gruppe in der Türkei wieder auftreten darf. Anfang März seien Bölek und Gökçek gegen ihren Willen in eine Klinik gebracht worden, hieß es.

© SZ vom 06.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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