Thomas Müller:"Der Fußball ist nur ein kleiner Teil des Ganzen"

Lesezeit: 3 min

Thomas Müller hat seinen Vertrag bis 2023 verlängert. (Foto: VI Images/imago)
  • Thomas Müller hat seinen Vertrag beim FC Bayern bis 2023 verlängert. Er glaubt, dass "Spieler, Trainer und Verein in die gleiche Richtung" gehen.
  • Gleichzeitig kann er gerade nicht Fußball spielen. Zu möglichen Neuansetzungen äußert er sich zurückhaltend.
  • Man müsse bei Geisterspielen "Kriterien wie Sicherheit, Gesundheit und auch die Vorbildwirkung" berücksichtigen.

Von Martin Schneider

Viele Gespräche der Welt finden derzeit in Videokonferenzen statt, und da auch Thomas Müller und sogar der FC Bayern Teil der Welt sind, gilt das nun auch für Pressekonferenzen. Müller sitzt dabei physisch anwesend an der Säbener Straße, spricht zu Bildschirmen und hat dabei durchaus seinen Spaß. "Das ist wie, wenn man im Mannschaftsbus Bundesliga schauen will", sagt Müller amüsiert, wenn mal wieder eine Video-Übertragung stockt. Als der Pressesprecher meint, man solle doch als Reporter bitte immer nur eine Frage stellen, weil das sonst zu lange dauere, guckt ihn Müller irritiert an und meint: "Wieso? Wir haben doch Zeit."

Über 50 Minuten lang spricht Müller an diesem Gründonnerstag über sehr viel. Er philosophiert etwa anlässlich der zu erwartenden Geisterspiele länger über den Begriff des "Heimvorteils" und ob der früher nicht vielleicht wichtiger war, als er es heute ist ("Hermann Gerland erzählt immer, zu seiner Zeit auf dem Betzenberg waren die Schiedsrichter froh, wenn sie heil wieder runterkamen, da hatte Abseits oder Nicht-Abseits für Heim- oder Gastmannschaft plötzlich eine Spannweite von zwei Metern"). Als er nach Oliver Kahns Arbeit im Vorstand gefragt wird, führt Müller mögliche Sachlagen aus, bis er seine Rede schließt mit den Worten: "Jetzt hab ich zwei Minuten lang im Prinzip gesagt, dass ich die Frage nicht beantworten kann."

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Müller, der normalerweise lieber mehr als weniger redet, ist in Zeiten des Lockdowns da offensichtlich nicht vollständig ausgelastet. Schon vorher fing er an, auf Instagram und in Podcasts aus dem Leben eines Fußballers im Wartezustand zu berichten und nun hat er auch einen offiziellen Anlass dazu. Gerade hat er seinen Vertrag bis 2023 verlängert, kurz davor hatte der FC Bayern verkündet, dass auch Hansi Flick so lang bleibt.

Müller merkt man auch immer an, wie es ihm wirklich geht, und derzeit befindet er sich in einer ambivalenten Situation. Auf der einen Seite ist er augenscheinlich sehr glücklich darüber, wie sich der FC Bayern sportlich aufstellt. Dass er den Trainer Hansi Flick gut findet und der Trainer Hansi Flick Thomas Müller gut findet, ist kein Geheimnis, und dass beide nun schriftlich fixiert drei gemeinsame Jahre in München planen, sorgt bei ihm für eine sehr positive Grundstimmung.

Das war ja noch vor Kurzem anders. Im Herbst, als ihn Flicks Vorgänger Niko Kovac sechs Spiele draußen ließ, brachte er ja seinen eigenen Abschied ins Spiel, und man fragte sich damals schon, wie er das eigentlich machen will. Mit dem Pferdehof, den Hunden und den Kaninchen nach, sagen wir, London ziehen, wo sie kein Schafkopf spielen, kein Bairisch und vermutlich auch seine Laufwege nicht verstehen? Passt irgendwie nicht, und da er sich selbst die Gedanken auch nicht mehr machen muss, kann man schon verstehen, dass er gut drauf ist.

"Grundsätzlich wollen wir natürlich Fußball spielen. Aber nur unter Gesichtspunkten, die das auch sinnvoll zulassen."

Auf der anderen Seite ist ihm der Ernst der Lage für den Fußball und für das Land durchaus bewusst. "Man ist in der Schwebe", sagt er mit konzentriertem Gesichtsausdruck. "Grundsätzlich wollen wir natürlich Fußball spielen. Aber nur unter Gesichtspunkten, die das auch sinnvoll zulassen." Man müsse zwar natürlich Entscheidungen immer kritisch hinterfragen, aber auf der anderen Seite auch den Entscheidungsträgern vertrauen und als Einheit auftreten.

Ziel müsse es sein, Spiele durchzuführen "und trotzdem Kriterien wie Sicherheit, Gesundheit und auch die Vorbildwirkung" zu berücksichtigen. Es sei eine Ausnahmesituation, in der es keine Erfahrungswerte gebe. "Der Fußball ist nur ein kleiner Teil des Ganzen", sagt Müller. Die Corona-Pandemie sei "ein viel höher greifendes Thema als dass jetzt ein paar Vereine sagen, wir haben Lust zu spielen, dann organisieren wir wieder was". Da müsse erst ein Zeichen von der Politik kommen.

Die Organisation beim FC Bayern funktioniere gut. Er erzählt, er habe im Heimtraining noch nie so gute Bauchmuskeln bekommen und einmal habe sich ein Ballartist in die Videokonferenz zugeschaltet, da habe man zu Hause "mir irgendwelchen Zirkustricks die Vasen attackiert". Seit diesem Montag trainiert der FC Bayern in Kleingruppen wieder an der Säbener Straße. Müller sagt, er freue sich, "wieder ein gemähtes Stück Gras unter den Füßen" zu haben. Aber natürlich ist es schwer derzeit, weil das konkrete Ziel fehle, auf das man hinarbeite.

Das Sportliche findet derzeit nur im Konjunktiv statt, darum spricht Müller über andere Dinge. Zum Beispiel über Miroslav Klose, der Hansi Flicks neuer Co-Trainer werden könnte und mit dem Müller noch lange in der Nationalmannschaft zusammengespielt habe. Der sei schon als Spieler sehr clever gewesen und jemand, der das Spiel gelesen hätte. "Das sind Eigenschaften, die einem als Trainer natürlich helfen."

Auch Vereinstreue ist ein Thema. In der Bundesliga haben nur noch Marcel Schmelzer (Borussia Dortmund) und Michael Parensen (Union Berlin) länger für einen Klub gespielt als er. Vermutlich ist er 2023 dann Spitzenreiter. "Spieler, Trainer und Verein gehen in die gleiche Richtung", sagt Müller zu seiner Vertragsverlängerung. Dass er die Gesamtlage beim FC Bayern als eher gut einschätzt, das deutet er in diesen 50 Minuten mehrfach an. Jetzt muss halt nur irgendwann wieder gespielt werden.

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