Türkei:Stümperhaftes Management

Bei Corona gibt es keine Linie.

Von Tomas Avenarius

Machtmenschen sind Meister des Bauernopfers, bei Fehlern müssen stets andere herhalten. In der Türkei hat das stümperhafte Management der Ausgangssperre zu Chaos vor Supermärkten, Panikkäufen und Schlägereien geführt. Der zweitägige Lockdown war alles andere als eine vertrauensbildende Maßnahme in dem Land, in dem die Regierung im Umgang mit Corona ein - freundlich gesagt - erratisches Vorgehen zeigt und das Schlimmste noch bevorsteht.

Obwohl Innenminister Süleyman Soylu vor der Verhängung der Sperre auffällig laut erklärt hatte, dass Präsident Recep Tayyip Erdoğan das Ausgangsverbot persönlich angeordnet habe, bot der Polizeiminister nach dem Desaster seinen Rücktritt an. Er trage die volle Verantwortung. Wie das zusammengeht, hat er nicht verraten. Ob es ein abgekartetes Spiel oder eine Farce war, bleibt offen. Es zeigt nur eines: Die Führung hat in der Corona-Politik noch immer keine Linie gefunden.

Gleichzeitig zeichnen sich Machtkämpfe ab. Der Innenminister ist ein Law-and-Order-Mann, er gilt als möglicher Nachfolger des Präsidenten. Als solcher sieht sich aber auch Erdoğans Schwiegersohn; Berat Albayrak beweist als Finanzminister keinen übergroßen Sachverstand. Der Staatschef muss sich also irgendwann entscheiden zwischen Familie und politischem Gewicht.

© SZ vom 14.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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