Corona in Ebersberg:Für Obdachlose ist die Virus-Krise besonders schwierig

Corona in Ebersberg: Sonst schlafen die Bewohner der Unterkunft in der Baldestraße in Mehrbettzimmern, derzeit soll möglichst jeder ein Einzelzimmer bekommen.

Sonst schlafen die Bewohner der Unterkunft in der Baldestraße in Mehrbettzimmern, derzeit soll möglichst jeder ein Einzelzimmer bekommen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Hilfseinrichtungen im Landkreis Ebersberg versuchen ihre Angebote an die neue Lage anzupassen.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Daheim bleiben ist das Gebot der Stunde - und wohl auch der kommenden Monate. Für Leute, die kein Zuhause haben, ist das eine besondere Herausforderung, genau wie für all jene, die sich um Obdachlose kümmern.

Im Landkreis sind das beispielsweise die Mitarbeiter der Diakonie Rosenheim, diese betreibt in Ebersberg die Fachstelle zur Verhinderung von Obdachlosigkeit und eine Notunterkunft. Diese sei eigentlich keine Dauereinrichtung, sagt Lilo Lüling, die auch für Ebersberg zuständige Bereichsleiterin für Kommunale Wohnungsnotfallhilfe des Diakonischen Werks.

Normalerweise drei Tage beträgt die Verweildauer maximal - aber normal ist derzeit ja wenig. Darum habe man mit den zuständigen Ämtern eine Absprache getroffen dieses Zeitlimit aufzuheben, erklärt Lüling. Seit Beginn der Corona-Krise gibt es die entsprechende Finanzierung für die Schlafplätze auch, wenn sie länger als drei Tage am Stück in Anspruch genommen werden.

Allerdings hat die Diakonie, um eine Überbelegung der Einrichtung zu verhindern, ein anderes Limit eingeführt: Bleiben darf nur, wer aus dem Landkreis Ebersberg stammt. Natürlich weise man niemanden ab, sagt Lüling, auch wer nicht aus dem Landkreis kommt und dringend einen Schlafplatz braucht, dem werde geholfen. Allerdings nur für eine Nacht, dann würde man die Leute weiter schicken in die Bayernkaserne in München.

"In der Regel gibt es Mehrbettzimmer, jetzt versuchen wir, jedem ein Zimmer zu geben"

Einen solchen Fall hatten die Kollegen in Ebersberg zum Glück bisher noch nicht, und auch von einer Überfüllung der Einrichtung sei man derzeit noch ein gutes Stück entfernt: Von den fünf Betten sind drei belegt. Was in der derzeitigen Situation von Vorteil ist, schließlich sollen die Leute ja Abstand halten. "In der Regel gibt es Mehrbettzimmer, jetzt versuchen wir, jedem ein Zimmer zu geben." Trotzdem ist Abstand halten in der Herberge natürlich nicht immer möglich, Küche, Bad und Toilette benutzen alle Bewohner.

Zum Schutz vor Infektionen gibt es in der Herberge inzwischen allerdings Desinfektionsmittel, Mundschutz und auch Einweghandschuhe, außerdem wurde der Reinigungsdienst verstärkt. Und natürlich habe man die Bewohner auch über die Situation aufgeklärt, sagt Lüling. Es gibt Aushänge, und die Mitarbeiter vor Ort informieren ebenfalls über die aktuell gültigen Corona-Maßnahmen.

Ähnlich handhaben es auch die Kommunen in ihren Obdachlosenunterkünften. In Poing habe man ebenfalls Desinfektionsmittel in der Unterkunft bereitgestellt, sagt Bürgermeister Albert Hingerl. Die Bewohner, derzeit sind es vier, wurden auch über die Lage informiert. Allerdings müssten dies Rathausmitarbeiter übernehmen, sagt Hingerl, leider habe man keine sozialpädagogische Betreuung in der Unterkunft.

Was gerade in der aktuellen Situation zum Problem werden könnte: "Das Zusammenleben ist dort auch ohne Corona nicht einfach", durch die Ausgangssperren könne man Konflikten noch schlechter aus dem Weg gehen. Besonders viele davon seien zu erwarten, müsste die Unterkunft unter Quarantäne gestellt werden, weil einer der Bewohner positiv auf eine Coronainfektion getestet würde - was bisher allerdings noch nicht der Fall sei: "Es gibt derzeit keine Hinweise auf eine Infektion."

"Alles läuft wie gewohnt"

Diese gute Nachricht kann man auch aus Ebersberg vermelden. "Alles läuft wie gewohnt", sagt Michael Neumeier vom Amt für Familie und Kultur im Rathaus. Die Bewohner der Unterkunft seien derzeit alle gesund. Dies kann Andreas Ruoff vom Ordnungsamt in Vaterstetten auch über die derzeit in den beiden Unterkünften am Rathaus und beim Wertstoffhof wohnenden Personen sagen.

Bislang könne man auch alle Bewohner in einem eigenen Zimmer unterbringen, was nicht nur wegen Corona sinnvoll sei. Schließlich komme es schon mal zu Differenzen, wenn man "Wildfremde in einem Zimmer zusammenlegen muss". Falls es einen Coronafall in einer der Unterkünfte gebe, werde man das weitere Vorgehen wohl mit dem Gesundheitsamt absprechen müssen, etwa, ob die übrigen Bewohner anderswo hin verlegt werden müssten.

Lüling geht davon aus, dass in einem solchen Fall wohl die gesamte Herberge unter Quarantäne gestellt würde: "Wenn der Ernstfall eintritt, trifft es alle." Bislang seien die Bewohner zum Glück gesund, die Mitarbeiter der Diakonie achteten auch darauf, ob jemand Symptome zeigt und medizinische Hilfe benötigt: "Wir haben keine Mediziner vor Ort, aber wir kennen unsere Leute."

Mindestens so wichtig wie die Eindämmung des Coronavirus sei aber die Eindämmung der Wohnungslosigkeit, findet Lüling. Denn trotz der neuen Regeln zur Mietstundung in Corona-Zeiten sind Menschen von Wohnungslosigkeit bedroht: "Es kommen weiter die Räumungsklagen rein", die Fälle haben ihren Ursprung in der Zeit vor der Krise. Lüling weist darum auf das Angebot der Fachstelle zur Verhinderung von Obdachlosigkeit hin, die Beratungsstellen seien nach wie vor besetzt, denn: "Es wäre fatal, wenn gerade jetzt Leute obdachlos werden."

Die Fachstelle zur Verhinderung von Obdachlosigkeit im Landkreis Ebersberg ist unter der Telefonnummer (08092) 2321 025 und per Mail unter fol-ebersberg@sd-obb.de zu erreichen, weitere Informationen gibt es auf www.soziale-dienste-obb.de.

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