Kreativ in der Krise:Achtsam durch den Tag

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"Wenn man sich jeden Tag fünf bis zehn Minuten Zeit nimmt, kann man mit Achtsamkeit wieder Ruhe im stressigen Alltag finden", sagt Silke Steininger. (Foto: Privat)

Wegen der Coronakrise hat die Münchner Volkshochschule nun mehr als hundert Angebote ins Internet verlagert - auch das Seminar der Psychologin Silke Steininger

Von Ramona Dinauer, München

Die Kamera steckt auf dem Laptop, die digitalen Folien sind hochgeladen, die Videokonferenz funktioniert. In ihrer Praxis in Laim ist Silke Steininger bereit für ihren nächsten Online-Kurs. Nur wenige ihrer Kollegen an der Volkshochschule München haben wie die Psychologin vor der Corona-Krise schon einen Kurs vor dem Bildschirm gegeben. Bisher hielt Silke Steiniger eines ihrer Seminare online und eines von Angesicht zu Angesicht. Mittlerweile muss auch das Live-Seminar im Netz stattfinden.

Silke Steininger ist nun mit einem Video auf dem Youtube-Kanal der VHS vertreten, indem sie Achtsamkeitsübungen präsentiert. "Wenn man sich jeden Tag nur fünf bis zehn Minuten Zeit nimmt, kann man mit Achtsamkeit wieder Ruhe im stressigen Alltag finden", sagt sie. "Dabei spürt man bewusst seinen Atem und versucht wahrzunehmen was im Inneren vorgeht, ohne diese Emotionen gleich zu analysieren", erklärt die Psychologin die Methode.

Nicht nur für innere Ruhe, sondern auch für Neulinge im Online-Unterricht hat Silke Steininger einen Rat. Die Kachel, in der man bei einer Videokonferenz selbst zu sehen ist, solle man direkt unter die Kamera verschieben. So falle es leichter, seine Vortragsweise zu überprüfen und man sehe öfters in die Linse. Denn meistens, so erklärt Silke Steininger, beobachte man doch meist sich selbst bei solchen Zusammenkünften. Ihre analogen Kursteilnehmer würden sich gerne mit der Technik auseinandersetzen, die es für einen Online-Kurs braucht, erzählt Steininger. "Gerade für ältere Teilnehmer ist es oft die erste Videokonferenz. Die sind dann richtig stolz und neugierig, wenn sie es geschafft haben, sich dazu zu schalten."

Mehr als hundert Angebote hat die Münchner Volkshochschule nun ins Internet verlagert. Denn seit dem 14. März ist der Betrieb an der VHS unterbrochen. Vorerst bis zum 3. Mai gibt es keine Kurse oder Veranstaltungen in der gewohnten Form.

"Die Gesundheit unserer Teilnehmer und unserer Dozenten liegt uns am Herzen, daher halten wir die Entscheidung der bayerischen Regierung für sinnvoll und finden es gut, wie in dieser Sache vorgegangen wird", sagt Susanne Lößl, Pressesprecherin der VHS München. Nach und nach stocken die Fachgebiete ihr Online-Programm nun auf. Bislang ist das bei mehr als 50 Kursen für Fremdsprachen, knapp 30 Deutschkursen und dutzenden Angeboten zur beruflichen Bildung sowie im Jugendprogramm gelungen. Susanne Lößl und ihre Kollegen sind weiterhin für die Kunden zu erreichen. Ihre Telefonanschlüsse haben sie oftmals ins Home-Office umgeleitet. Denn auch die persönliche Anmeldung ist geschlossen. "Wir setzen alle Hebel in Bewegung, um an der VHS Alternativen anzubieten. Es werden jeden Tag mehr Online-Kurse", sagt Lößl. Normalerweise gäbe es an der Münchner Volkshochschule in der ersten Jahreshälfte mehr als 9 500 Kurse.

Die Programmdirektorin Susanne May sagt, man könne im Internet nicht im selben Umfang Veranstaltungen anbieten, wie sie unter normalen Umständen an der Münchner Volkshochschule stattfinden würden. "Aber wir freuen uns, einigen unserer Dozentinnen und Dozenten auf diese Weise eine Möglichkeit zu geben, ihr Wissen weiterzugeben."

Für die Reihe "MVHS.Heimspiel" lädt die Schule jede Woche zwei bis drei Videos auf die Plattform hoch. Zu sehen ist dort unter anderem Künstler Ayhan Keser, der über Kunstgeschichte erzählt, während er durch seine Wohnung läuft. Nach der lebendigen Einführung zeigt der Dozent, wie man Kunst mit Schablonen schafft.

Statt mit Wollmütze filmt sich Margit Abt im rosafarbenen Sportshirt bei sich zu Hause. In ihrem "Heimspiel" führt die Pilateslehrerin durch eine dreiviertel Stunde Ganzkörpertraining. In gleicher Länge kann man sich einen Vortrag von Theologe Robert Mucha über die Johannesapokalypse ansehen, samt Folien und Landkarten. Ihre häuslichen Aufnahmen senden die Dozenten an einen Techniker der Münchner Volkshochschule. Er schneidet die Videos und passt sie für die Heimspiel-Reihe an. Während sich die einen Dozenten zu Hause filmen, laden andere ihre Kursteilnehmer zu Online-Webinaren ein.

Neben der Betreuung des virtuellen Raums, wappnet sich die Münchner Volkshochschule für die analogen Seminare. Wenn die Kurse bald wieder stattfinden könnten, werden sie eine andere Form haben müssen, sagt Susanne Lößl. "Auch wir arbeiten an Hygienekonzepten für eine Zeit nach der Schließung unserer Volkshochschule. Desinfektionsmittel werden besorgt, Raumkonzepte erstellt - damit alles den Vorschriften entspricht, wenn es so weit ist."

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© SZ vom 21.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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