Sterbehilfe:Urteil mit Signalwirkung

Ein Richterspruch aus Den Haag sollte auch hier beachtet werden.

Von Thomas Kirchner

Hinsichtlich der Sterbehilfe-Praxis liegen Welten zwischen den Niederlanden und weniger liberalen Ländern wie Deutschland. Insofern könnte man sich fragen, was einen das Urteil angeht, in dem sich das Höchste Gericht der Niederlande am Dienstag erstmals in einem Strafrechtsverfahren zu dieser Praxis äußerte. Zumal es im Kern um einen recht speziellen Fall ging, die Frage nach dem Zeitpunkt der letztgültigen Willensäußerung stark dementer Patienten.

Und doch lohnt es sich, dieses Urteil auch hierzulande zu studieren. Zum einen zeigt es, dass die niederländische Justiz sich endlich ihrer Verantwortung bewusst geworden ist. Zwar gibt es keine Verfassungsgerichtsbarkeit, doch war in jüngster Zeit angesichts mancher Ungereimtheiten und Unsicherheiten, die fast zwangsläufig in diesem Bereich entstehen, der Ruf nach einem höchstrichterlichen Befund lauter geworden. Ärzte stellten Fragen, die beantwortet worden sind.

Zum anderen muss nun auch Deutschland nach dem Spruch des Bundesverfassungsgerichts zu einem liberaleren Umgang mit der Sterbehilfe finden. Es wird dauern, aber langfristig könnten auch hier psychisch Kranke Sterbehilfe verlangen und bekommen. Die Zahl der Dementen werde sich in den nächsten 20 Jahren möglicherweise verdoppeln, heißt es in den Niederlanden.

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