Fußball:EM verlegt? Uns doch egal!

Neues Trikot der Nationalmannschaft

Timo Werner, Serge Gnabry und Nico Schulz (von links) im neuen DFB-Trikot - und nun endlich auch wieder als Schokowaren in den Läden.

(Foto: dpa)

Die mutmaßlichen deutschen EM-Fahrer kommen als Schokowaren in die Läden. Folgt bald das Pandemini-Album?

Glosse von Philipp Selldorf

Die Europameisterschaft 2020 soll bekanntlich erst im nächsten Jahr stattfinden. Sie soll, wie die Uefa soeben beschlossen hat, 2021 aus Präsentationsgründen trotzdem "EM 2020" heißen, und bisher hat auch niemand dementiert, dass das Maskottchen dann immer noch "Skillzy" heißen wird. Es trägt einen Kapuzenpullover, eine Undercut-Frisur und es schielt. Wegen seiner riesengroßen Augen könnte Skillzy auch ein Angehöriger der Kuscheltierfamilie "Glubschi" sein, die sich während der vergangenen Jahre in den Kinderzimmern durchaus epidemisch ausgebreitet hat. Ein kleines bisschen ähnelt Skillzy übrigens dem früheren deutschen Nationalspieler Mesut Özil, womöglich steckt mal wieder eine Verschwörung dahinter.

Ein Jahr wird sich Skillzy jetzt noch fit halten müssen, aber so lang konnte die Firma Ferrero nicht warten. Die Turnierabsage ignorierend, hat das Unternehmen nach bewährter Art die Bilder der mutmaßlichen deutschen EM-Fahrer in ihre Schokoladenwaren gewickelt und sie dieser Tage in die Läden getragen. Nach dem Motto: Uns doch egal. Gegen das Aufgebot, das Hanuta und Duplo präsentieren, ist nicht viel einzuwenden: Kein Özil, dafür 28 Spieler, die allesamt dem realen EM-2020-Kader hätten angehören können.

Löw trug seine Britpopper-Frisur schon als Kind

Einzelschicksale wie Florian Niederlechner und Kevin Volland wurden nicht berücksichtigt, und ein Comeback von Mats Hummels, Thomas Müller oder Jérôme Boateng findet auch nicht statt. Bilder von Mario Götze und André Schürrle bleiben ein Fall fürs Antiquariat, aber das ist bei ihrem Arbeitgeber Borussia Dortmund ja auch nicht anders.

Sicherlich lässt sich nun über Sinn und Zweck dieser unzeitgemäßen Bilderreihe diskutieren, über Bedenken und Einwände hilft jedoch bereits die Sonderedition der Nationalspieler im frühen Grundschulalter hinweg. Diese Fotodokumente sind Rechtfertigung genug. So gibt es den jungen Leon Goretzka, der aussieht wie der junge Julian Draxler, während Jonas Hector wie ein Bruder Serge Gnabry gleicht. Der Timo Werner von früher hingegen gleicht exakt dem Timo Werner von heute. Höhepunkt der Serie ist die Abbildung eines Kindes namens Joachim Löw, das schon damals jene Britpopper-Frisur trug, die den Bundestrainer im fortgeschrittenen Lebensalter ziert.

Zwar ist es bisher nur die Idee einer satirischen Wochenschau, dass die Kollektion der Nationalspieler demnächst mit einer Sammelreihe konkurrieren könnte, die unter dem Titel "Pandemini" die Bilder der aus Funk und Fernsehen bekannten Spitzenvirologen der Corona-Ära präsentiert, aber so abwegig ist der Gedanke gar nicht mal. Fußballer und Virologen haben gegenwärtig zumindest eines gemeinsam: Sie stehen gleichermaßen im Rang von Popstars und Schreckensphänomen.

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