DVD-Kolumne:Mediaplayer

George Cukor, der sensible Frauenregisseur, erzählt die Geschichte des Sexwissenschaftlers Dr. Chapman und der Frauen, die ihm über ihre Geheimnisse berichten. Und Roger Corman nimmt sich in "Satanas" Poes Roten Tod vor.

Von Fritz Göttler

DVD-Kolumne: undefined

Ach, diese Frauen ... die amerikanischen zumal, die der Sechziger. Ein Erfolgsroman stellte vier von ihnen vor, Chapman Report von Irving Wallace, verfilmt für das Studio Warner von George Cukor. Vier Fallgeschichten. Jane Fonda, ganz jung, ganz in Weiß, konnte nie bei ihrem Mann, sie schluchzt entnervt 'Ich bin nicht frigide', das wäre Fall 9436J ... Shelley Winters bringt ihrem Mann abends eine Schale Popcorn, wenn er sein Baseball-Spiel im TV anguckt, tagsüber trifft sie sich mit einem Theaterregisseur, das wäre 3721B ... Glynis Johns deklamiert am Strand gegen die Wellen an, dann purzelt ihr ein strammer junger Footballspieler vor die Füße, das wäre 4791M ... Claire Bloom ist geschieden, nymphomanisch, selbstzerstörerisch, eine dunkle Sphinx, das wäre 8327R ... Die Frauen wissen, wer Demosthenes ist, kennen Madame Bovary auswendig. Ein Trupp Sexwissenschaftler fällt in die Stadt ein unter Führung von Dr. Chapman (Vorbild dafür ist der berühmte Dr. Kinsey), befragt die Frauen über den Sex in ihrem Leben, streng statistisch, garantiert anonym - ein Paravent trennt den Fragenden von der Ausgefragten, wie im Beichtstuhl. Der Film ist, wie beim Kollegen Ingmar Bergman in Europa, eine Versuchsanordnung. Die Häuser sind geräumig, offen und kühl, Air condition in Bilder gefasst. Es geht darum, welchen Einfluss die Männer darauf haben, wie die Frauen sich sehen: Why can't a woman be more like a man ... like me. Schlimm sind hier die jungen weißen, braungebrannten Männer. George Cukor, der schwul war und deshalb als sensibler Frauenregisseur galt, weiß wohl, dass im Kino nichts natürlich ist, das Normale nicht und das Pathologische. (Filmjuwelen)

Es regnet auf unsere Liebe ... Woody Allen mag den Regen, in A Rainy Day in New York schickt er ein paar junge Leute in die Stadt, mitten unter die geilen alten Säcke mit ihrer Party-Wichtigtuerei, so dass ganz natürlich die Sehnsucht nach dem großen Schweigen erwächst, in einer altägyptischen Gruft. Als der junge Held, Timothee Chalamet, mit zu Selena Gomez in ihre Wohnung darf, ist er ganz hibbelig, als müsste er aufs Klo, aber er will nur ans Klavier und 'Everything Happens to Me' singen. In seiner Liebe zu den grauen Himmeln sieht Woody sich vereint mit seinem Vorbild Ingmar Bergman. (EuroVideo)

Ein herbstlicher Tag in Berlin. Lara hat Geburtstag, sie stellt einen Stuhl ans offene Fenster und steigt darauf, als wollte sie tief Luft holen. Abends hat ihr Sohn seinen großen Auftritt, er spielt die Uraufführung seines ersten Klavierkonzerts. Corinna Harfouch ist Lara im gleichnamigen Film von Jan-Ole Gerster, er sammelt Zeichen, in denen die unergründliche Sehnsucht der Frauen sich zeigt. Auch Lara wäre gern Pianistin geworden, einmal muss sie erleben, wie ein kleiner Klavierschüler Schumanns Fröhlichen Landmann malträtiert. Sie studiert die Notenblätter des Sohnes - Tom Schilling: Ob das Konzert nicht zu musikantisch sei, merkt sie an und stürzt den Sohn in die Krise. Bei ihr zu Hause ist noch der leere Raum zu sehen, wo einst das Klavier an der Wand stand, wie ein Altarraum, aus dem der Altar entfernt wurde. (Arthaus)

DVD-Kolumne: undefined

Familien-Geschichten in China, von den Achtzigern des vorigen bis in die Zehner dieses Jahrhunderts. China wird umgebaut in diesen Jahren, von der radikalen sozialistischen Diktatur zur kapitalistischen Globalmacht. Der ungeheuer weite Zeitraum macht Bis bald mein Sohn/Di Jiu Tian Chang von Wang Xiaoshuai zu einer atemraubenden Filmerfahrung, ein unaufhörlicher Wechsel von Zusammenfinden und Distanzierung, von Liebe und Hass, Verlust und Substitution. Zwei Jungen werden geboren im Jahr 1982, am selben Tag, in zwei Familien, die sich nahestehen. Eine Langzeit-Lektion in Liebe, die Räume sind offen, Gemeinschaftsküchen, gemeinsame Werkstätten, auf der Mole werden Fischernetze geflickt. Inzwischen weiß man auch hierzulande, wie es sich anfühlt, wenn der Staat das Leben reglementiert, in China war das lange die Familienplanung, die Ein-Kind-Politik. (good movies)

DVD-Kolumne: undefined

Der Rote Tod hat sich den Fürsten Prospero vorgenommen, in 'Masque of the Red Death' von Roger Corman, nach Edgar Allan Poe. Satanas - Das Schloss der blutigen Bestie heißt der Film bei uns. Vincent Price ist Prospero, ein dekadenter Feudalherr, der die Pest aus seinem Schloss aussperren will. Am Ende kommt der rote Tod mit Kollegen zusammen, die sich über ihr Tagwerk austauschen. 'This eternity of wandering', stöhnt einer, 'ten thousand sleep where I walked. I am very tired.' (Hansesound) Der 94-jährige Corman hat ein Corman-Quarantine-Festival initiiert, die Leute sollen ihm kleine Filme schicken, bei ihnen in Haus oder Garten gedreht, mit dem Handy.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: