Corona-Krise:Die Deutsche Bank ist plötzlich wieder Streber

Deutsche Bank

Die Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt am Main.

(Foto: Boris Roessler/dpa)

Ausgerechnet in der Corona-Krise überrascht das Geldhaus mit guten Zahlen. Ob damit der jahrelange Niedergang gestoppt ist, bleibt jedoch vorerst offen.

Von Meike Schreiber

Die Deutsche Bank war schon immer anders als die anderen, nicht nur weil sie das größte Geldhaus im Land ist. Kam sie 2008 noch ohne direkte Staatshilfe durch die Finanzkrise, rutschte sie dafür in den folgenden Jahren immer tiefer in die Misere - während sich andere Institute längst wieder erholten. Auch in der Corona-Krise wird die Bank nun wieder auffällig - diesmal allerdings positiv: Ziemlich überraschend verschickte sie am Sonntag kurz vor Mitternacht eine sogenannte Ad-hoc-Mitteilung, weil die Geschäfte in den ersten drei Monaten des Jahres offenbar besser liefen, als Analysten erwartet hatten. Die Erträge fielen deutlich höher aus, und unter dem Strich steht ein Gewinn.

Zu solchen Mitteilungen sind Unternehmen verpflichtet, wenn ihre Geschäftszahlen stark von den Erwartungen der Analysten abweichen. Letztere waren nicht sonderlich optimistisch, denn US-Banken mussten coronabedingt bereits große Verluste fürs erste Quartal melden. Zudem befürchten viele Experten, die Pandemie werde auch die Finanzwirtschaft früher oder später mitreißen. Entsprechend stieg der Aktienkurs der Deutschen Bank am Montag um zeitweise mehr als zehn Prozent auf wieder über sechs Euro.

Details zum Geschäft will das Institut erst am Mittwoch nennen, dem ursprünglich für die Quartalszahlen geplanten Termin. Die Eckpunkte aber klingen erfreulich: In den ersten drei Monaten habe die Deutsche Bank einen Gewinn von 66 Millionen Euro erzielt. Mit 6,4 Milliarden Euro fielen die Erträge sogar etwas höher aus als vor einem Jahr. Keine Angaben gab es aber dazu, wie sich die Einnahmen zusammensetzen, sie dürften aber vor allem aus dem Anleihehandel stammen, dem nach wie vor wichtigsten Geschäftsfeld der Bank. Wenn die Kurse stark schwanken, also die Kunden entsprechend viel handeln, treibt das auch die Gewinne der Investmentbanken. Zugleich profitieren derzeit allen voran die deutschen Banken indirekt von den umfangreichen Hilfsprogrammen der Bundesregierung sowie der Europäischen Zentralbank. Viele Unternehmen geraten vorerst gar nicht erst in Schwierigkeiten, anders als in den USA, wo die Arbeitslosigkeit steil in die Höhe geschnellt ist. Die US-Banken mussten daher für Ausfälle bei Kreditkarten hohe Rückstellungen bilden.

Außerdem kommt den heimischen Banken die krisenbedingt höhere Nachfrage nach Krediten fürs Erste durchaus zugute. In den vergangenen Jahren war für sie vor allem die in Deutschland schwache Kreditnachfrage das Problem, der Mittelstand hierzulande gilt traditionell als eigenkapitalstark. Mit Corona ist jetzt plötzlich die Hölle los. Zugleich ziehen sich die Rivalen von der Wall Street offenbar schrittweise aus dem Kreditgeschäft in Europa zurück, wie zumindest die Financial Times festgestellt hat. So hätten sich US-Banken bei den jüngsten Kreditlinien für Adidas oder BASF auffallend wenig engagiert. Das kann der Deutschen Bank helfen, wieder Marktanteile zu gewinnen.

Kernkapitalquote droht weiter zu schrumpfen

Diese Chance will Konzernchef Christian Sewing nicht verstreichen lassen. "Wir sind fest entschlossen, unsere Bilanz zu nutzen, um Kunden zu unterstützen, die uns jetzt ganz besonders brauchen", teilte er am Montag mit. Dadurch allerdings könnte die harte Kernkapitalquote "vorübergehend das Ziel von mindestens 12,5 Prozent leicht unterschreiten". Wenn die Bank mehr Kredite vergibt, schmälert das die eigenen Rücklagen, so schrumpfte die Kernkapitalquote von 13,6 Prozent Ende Dezember auf 12,8 Prozent im März.

Ohnehin ist es viel zu früh, Entwarnung zu geben für die Deutsche Bank, die sich im fortlaufenden Konzernumbau befindet. Die Folgen der Krise sind längst noch nicht absehbar: Ende März haben die Frankfurter zwar die Risikovorsorge für faule Kredite auf 500 Millionen Euro mehr als verdreifacht. Das entspricht aber nur 0,44 Prozent des gesamten Kreditvolumens der Bank. Dabei hatte Konzernchef Sewing noch 2019 die Kreditvergabe deutlich ausgeweitet. Die Ausfälle dürften daher weiter steigen, nicht nur bei Krediten für deutsche Mittelständler. Auch auf dem Markt für US-Gewerbeimmobilien, wo die Deutsche Bank nach eigener Aussage zu den führenden Instituten gehört, droht Ungemach, ebenso wie im Handel mit sogenannten "Leveraged Loans", wo die Bank ebenfalls mitmischt. Mit diesen Krediten finanzieren hoch verschuldete Unternehmen oder Finanzinvestoren ihre Übernahmen. Doch kippt die Wirtschaft und können Schuldner plötzlich nicht mehr zahlen, wird es gefährlich für die finanzierenden Banken.

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