Westend:Kochen für die Klinik

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Eingespieltes Team: Restaurant-Chefin Ha Kühnreich (rechts) und ihre Unterstützerin Andrea Beyreuther beim Verladen der Mahlzeiten ins Auto. (Foto: Florian Peljak)

Das Restaurant Ha Vietnamese Cuisine an der Gollierstraße spendet Menschen in systemrelevanten Berufen jede Woche 150 Mahlzeiten. Doch nicht alle können und dürfen sie annehmen

Von Daria Gladkov, Westend

Ha Kühnreich hat ihr vietnamesisches Restaurant auf der Schwanthalerhöhe erst im vergangenen November eröffnet - und dann wurde es im Frühjahr von der Corona-Krise getroffen. Anstatt jetzt an sich und den eigenen Laden zu denken, packt Kühnreich ein neues Projekt an. Drei Tage, nachdem die Regierung die Schließung der gastronomischen Betriebe verordnet hat, startete sie einen Aufruf: Die Gastronomin will jede Woche 150 Mahlzeiten spenden, an Krankenhäuser, Polizisten und die Feuerwehr.

Ihre Mitarbeiter musste sie nach Hause schicken, jetzt stehen nur noch sie und ihr Mann in der Küche und versorgen die Kundschaft über ein Take-away. An drei Tagen die Woche kochen sie mehr und lassen die Portionen von ihren Helfern für medizinisches Personal ausliefern. Die Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr haben Ha Vietnamese Cuisine eine Absage erteilt. Es verstieße gegen das Gesetz, Derartiges anzunehmen, denn Geschenke und Spenden könnten so ausgelegt werden, dass sie die Neutralität ihrer Arbeit beeinträchtigten.

Andrea Beyreuther hat den Aufruf von Ha Kühnreich auf Facebook gelesen und sich direkt als Unterstützerin angeboten. Dienstags, donnerstags und samstags kommt sie mit dem Auto zum Restaurant und holt die Mahlzeiten ab, manchmal hilft auch ihre Tochter mit. Beyreuther hat für ihren Einsatz jetzt die nötige Zeit, das Reisebüro für Thailand und Asia-Touren, für das sie arbeitet, hat sie in Kurzarbeit geschickt. "Wir haben den Kontakt zu den Ärzten aus der Notaufnahme gesucht, das Klinikum Großhadern hat sich selbst bei uns gemeldet", erzählt sie.

Das Klinikum rechts der Isar hatte auch 50 Portionen von Ha Kühnreich angenommen. Kurzerhand bat man aber darum, die Lieferungen einzustellen. Man könne nicht ausschließen, dass sich die Restauranthelfer mit dem Virus infizierten, wenn das Personal des nahe gelegenen Altenheims das Essen abhole, erzählt Beyreuther. Man wolle vermeiden, dass sich das Virus dann auf die Mitarbeiter der Klinik übertrage. Dabei halten sich sowohl die Eheleute Kühnreich als auch die Helfer streng an die hygienischen Vorgaben.

Mahlzeit: Üppiger als das Sandwich vom Staat sind die gespendeten Gerichte aus dem Hause Ha Vietnamese Cuisine auf der Schwanthalerhöhe. (Foto: Florian Peljak)

Die München-Klinik mit ihren fünf Standorten in Schwabing, Bogenhausen, Neuperlach, Harlaching und Thalkirchner Straße erwartet bei den Essensspenden die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften für Lebensmittelhygiene. Weil sie diese bei Privatpersonen nicht nachvollziehen können, nehmen die Kliniken nur Mahlzeiten von gastronomischen Fachbetrieben entgegen. Alle Lebensmittelspenden müssten verpackt und mit einem gültigen Mindesthaltbarkeitsdatum versehen sein, erklärt eine Klinikumssprecherin. Und auch die Entgegennahme und Verteilung im Krankenhaus ist geregelt: "Ich komme dann zur Notaufnahme, die Mitarbeiter holen das dann mit einem Wägelchen vor der Tür ab", sagt Andrea Beyreuther. Wie sich das Personal die Mahlzeiten aufteilt, wird intern geregelt

Neben den Krankenhäusern Schwabing und Großhadern beliefert Ha Kühnreichs Restaurant auch die Corona-Teststation auf der Theresienwiese. Auch dort gelten die gleichen Anforderungen an die Lebensmittelhygiene. Nur einzeln verpackte Portionen von Unternehmen würden angenommen werden, erklärt man auf Anfrage der SZ. Außerdem spiele die Art der Übergabe eine wesentliche Rolle: "Wir achten streng auf die Einhaltung des gebotenen Abstands von mindestens 1,5 Metern pro Person", macht eine Sprecherin der Aicher Ambulanz deutlich.

Die Mahlzeitspenden können auch direkt im Restaurant abgeholt werden. Ina Fisek war schon ein paar Mal da und hat Essen für ihre Stationsschwestern im Haunerschen Kinderspital für die Nachtschicht mitgenommen. "Das Essen ist individuell verpackt, wie bei einem Take-away", erklärt die Krankenpflegerin. Da bräuchte es keine weiteren großartigen Hygienekontrollen. Jetzt erhalten zudem alle Mitarbeiter bayerischer Kliniken kostenlose Lunchpakete vom Staat. "Das ist dann mal ein Sandwich, oder so", sagt sie. Trotz der üppigeren Mahlzeiten von Ha Vietnamese Cuisine will Fisek nicht so viele Portionen annehmen. "Ich fühle mich da unverschämt, es sollten auch andere von dem Angebot profitieren", findet sie.

© SZ vom 29.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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