Freisinger im Krisenmodus:Krise als Chance

Das Stadtteilauto hat im März 25 Prozent weniger Fahrten verzeichnet, die April-Zahlen werden noch schlechter sein. Doch Geschäftsführer Andreas Fincke glaubt, "dass wir auf einen aufsteigenden Ast kommen". Für Triathletin Sandra Morawitz ist die Wettkampfsaison gelaufen.

Von Laura Dahmer, Freising

Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie treffen die Menschen im Landkreis auf den unterschiedlichsten Ebenen. Für manche bedeuten sie nur Einschränkungen in ihrem Freizeitverhalten, die meisten haben aber konkrete Sorgen - ob es nun um Gefahren für die eigene Gesundheit, um die schwierige Betreuung der Kinder oder die Rettung des eigenen Geschäfts oder Unternehmens geht. Die Freisinger SZ gibt in einer Serie Einblicke in das Leben der Menschen im Krisenmodus.

Das Stadtteilauto

25 Prozent. So viel weniger Fahrten hat das Stadtteilauto im März zu verbuchen. Die Zahlen aus dem April sind noch nicht da, aber Geschäftsführer Andreas Fincke weiß: Sie werden noch schlechter ausfallen. Urlaubsfahrten, Einkaufsfahrten, Verwandtenbesuche - für all diese Dinge wird das Stadtteilauto in Freising hauptsächlich genutzt. Und all diese Dinge fallen gerade weitestgehend flach. Es sind schwierige Zeiten für Carsharing-Anbieter. "Das Gute ist: Außer den Kfz-Kosten haben wir quasi keine Fixkosten. Alle Mitarbeiter arbeiten ehrenamtlich", sagt Fincke. Der Vorstand setzt sich, statt sonst einmal im Monat, aktuell alle ein bis zwei Wochen zusammen, geht die aktuellen Zahlen durch und zieht notwendige Schlüsse.

MOOSBURG: Andreas Fincke - Stadtteilauto / Stsadt Teil Auto

Stadtteilauto-Geschäftsführer Andreas Fincke ist optimistisch. Die Coronakrise könnte auch eine Chance für das Carsharing-Projekt sein, glaubt er: "Wir befinden uns gerade in einer Zeit, in der vieles auf den Prüfstand gestellt wird - auch die Notwendigkeit des eigenen Autos."

(Foto: Johannes Simon)

Kurzfristig hat man beim Stadtteilauto noch ein paar Stellschrauben, an denen sich drehen lässt: "Wir könnten öffentliche Förderung beantragen oder den Betrieb auch kurzzeitig stilllegen", so der Geschäftsführer. Wenn sie können, wollen sie aber möglichst die ganze Zeit einen flächendeckenden Service anbieten, in Freising, Moosburg, Eching und Neufahrn. Und langfristig? "Glaube ich sogar fest daran, dass wir auf einen aufsteigenden Ast kommen", bemerkt Fincke. "Jede Krise birgt auch Chancen. Und wir befinden uns gerade in einer Zeit, in der vieles auf den Prüfstand gestellt wird - auch die Notwendigkeit des eigenen Autos."

Vielleicht mag Fincke mit dieser Annahme Recht haben. Drei neue Mitglieder hat Stadtteilauto im April zu verzeichnen, der Coronakrise zum Trotz. Wer die Wagen gerade nutzt, wird per Merkzettel im Innenraum darauf aufmerksam gemacht, Schaltknüppel, Lenkrad und Ablageflächen selbst zu desinfizieren. "Unsere Fahrzeugwarte desinfizieren die Autos zwar ordentlich, aber nur ein bis zwei Mal im Monat", sagt Fincke. "Sie nach jeder Fahrt zu reinigen, können wir uns nicht leisten." Das Desinfektionsmittel muss dabei jeder Mieter des Stadtteilautos selbst mitbringen, im Fahrzeug ist keins vorhanden. "Das steht da vermutlich sonst eh nicht lange, weil es irgendjemand mitnimmt."

Die Triathletin

Der deutsche Triathlet Jan Frodeno absolviert den Ironman mal eben Zuhause, ein Franzose läuft einen Marathon auf seinem sieben Meter langen Balkon - Triathlon in Corona-Zeiten, es geht also, oder? Sandra Morawitz lacht. "So verzweifelt bin ich noch nicht", sagt die 42-Jährige. Eigentlich wäre die Sportlerin vor wenigen Wochen bei der Europameisterschaft im Duathlon gestartet, dieses Wochenende hätte die bayerische Meisterschaft stattgefunden und Mitte Mai wäre sie zur Weltmeisterschaft nach Dänemark geflogen. Stattdessen läuft sie jetzt einsame Waldstrecken und radelt Zuhause auf der Rolle. Wie Frodeno. Aber um Triathlondistanzen zu laufen, fehlt ihr gerade die Motivation, sagt Morawitz. "Die Wettbewerbssaison ist für mich dieses Jahr gelaufen. Ein paar von uns haben zwar tatsächlich überlegt, quasi 'virtuell' gegeneinander anzutreten, aber das ist für mich keine Alternative."

Sandra Morawitz Corona

Triathletin Sandra Morawitzmuss in Coronazeiten zuhause radeln.

(Foto: privat)

Triathlon sei zwar etwas für Einzelkämpfer, aber so ganz alleine zu laufen, das wäre für sie schon komisch. Und so steht der Sport bei Sandra Morawitz gerade eher auf Stand-by. Schwimmen geht gerade nicht, und zum Laufen und Fahrradfahren gehen ihr langsam neue Strecken ab: "Ohne Bewegung kann ich nicht, aber ich bleibe dabei immer in der Nähe, zu weit sollte man sich vom Zuhause ja gerade auch nicht entfernen. So langsam kenne ich jede Ecke hier in- und auswendig", bemerkt sie lachend.

Auch, wenn Triathlon zu den eher kontaktlosen Sportarten gehört, wird es, so glaubt Morawitz, noch einige Zeit dauern, bis sie wieder an einen Start kann: "Das große Problem sind eben Start und Ziel. Da kann man jetzt nicht hunderte von Leuten eng an eng nebeneinanderstellen", sagt sie. "Aus gesundheitlicher Sicht habe ich dafür vollstes Verständnis, aus sportlicher Sicht ist es natürlich schon ärgerlich."

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