Kommentar:Wer für Grundrechte eintritt, ist deshalb kein Verschwörungstheoretiker

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In Ebersberg wurde jüngst eine Demo gegen die Einschränkung der Grundrechte in der Corona-Krise durchgeführt. Wolfgang Darchinger war der Initiator. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Ein Ebersberger Landkreisbürger darf die von der Regierung verordneten Corona-Maßnahmen infrage stellen. Mehr noch: Es ist wichtig, dass dies geschieht.

Kommentar von Franziska Langhammer

In diesen Zeiten muss man vorsichtig sein. Nicht nur, weil man sich anstecken kann mit einem Virus, das die ganze Welt in Atem hält. Sondern auch, weil das Diskussions-Klima rund um das Virus ein brenzliges geworden ist. Die große Mehrheit der Bürger hält sich an die vorgeschriebenen Maßnahmen, welche die Regierung zur Eindämmung von Corona veranlasst hat. Das Tragen von Masken beim Einkaufen und in den öffentlichen Verkehrsmitteln wird eingehalten, der Mindestabstand auch. Und wenn nicht, gibt es bestimmt jemanden, der einen sofort darauf hinweist.

Nun haben es vergangene Woche ein paar Dutzend Menschen im Landkreis Ebersberg gewagt, öffentlich die staatlich verhängten Corona-Maßnahmen in Frage zu stellen und eine Demonstration für die Grundrechte zu organisieren. Die Diskussionskultur in sozialen Medien ist häufig keine besonders elaborierte. Doch diesmal sind die Reaktionen besonders heftig, es wird beleidigt, es wird beschimpft. Und das zeichnet einen Trend nach, der auch deutschlandweit zu sehen ist.

Es geht ein Riss durch die Gesellschaft: Da sind diejenigen, welche blind der Regierung vertrauen und sich an alle Maßnahmen halten, aus Angst vor einer Ansteckung, aus Sorge um andere. Und dann gibt es diejenigen, die sich nicht entmündigen lassen wollen. Die sich zwar an die Beschränkungen halten, aber deren Sinn hinterfragen und nach anderen Möglichkeiten suchen. Und das ist nicht nur ihr Recht, sondern auch ihre Pflicht als mündige, verantwortungsvolle Bürger. Leider endet hier die Aufzählung nicht: Denn es gibt auch noch diejenigen, die ihr kritisches Nachfragen zu Verschwörungstheorien verleitet oder gar zur Leugnung des Virus.

Denjenigen, die sich trauen, die Beschränkungen zu hinterfragen, geben auch die Entscheidungen vieler Verwaltungsgerichte dieser Tage Recht: Viele der verordneten Maßnahmen werden gekippt, weil sie nicht rechtens sind - auch nicht im Angesicht des Virus. Auch die bayerische Regierung musste zurückrudern: War es zwei Wochen lang in Bayern nicht erlaubt, sich auf eine Bank zu setzen und dort zu verweilen, musste Innenminister Herrmann schließlich zugeben, dass dagegen nichts einzuwenden sei.

Wer andere kritisiert für seine kritische Meinung, der sollte genau hinschauen und nicht jedes Infragestellen der Regierungstätigkeit über einen Kamm scheren. Jemand, der für seine Grundrechte eintritt, ist nicht gleich ein Verschwörungstheoretiker. Und gerade heute ist es wichtig, Fragen zu stellen, damit neue Antworten gefunden werden können. Wie gesagt, es sind brenzlige Zeiten.

© SZ vom 08.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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