Klimaschutz:Unionsfraktion missbilligt Merkels Zusage zu höheren Klimazielen

Coronavirus - Beratung Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten

"Die Europäische Kommission hat uns mit dem Green Deal den Weg gezeigt", sagte Kanzlerin Merkel beim Petersberger Klimadialog.

(Foto: dpa)

Zwar böten ambitioniertere Klimaziele auch Chancen, heißt es im Entwurf für ein Positionspapier. Ein neuer Zielwert von 50 bis 55 Prozent Treibhausgas-Minderung sei aber "eine weit reichende Zielverschärfung".

Von Michael Bauchmüller und Cerstin Gammelin, Berlin

Gilt das Abstandsgebot jetzt auch beim Klimaschutz, und zwar in der Union? Die Kanzlerin hatte keinen Zweifel offengelassen. "Die Europäische Kommission hat uns mit dem Green Deal den Weg gezeigt", sagte Angela Merkel vergangene Woche beim Petersberger Klimadialog. Allerdings sei es zur geplanten Klimaneutralität bis 2050 noch "ein langer Weg". Deshalb begrüße sie den Vorschlag des Zwischenziels, in der EU "bis 2030 die Emissionen auf 50 bis 55 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren". So deutlich hatte sich Merkel noch nie zu höheren Klimazielen bekannt. Nur hat sie die Rechnung womöglich ohne die eigenen Abgeordneten gemacht.

Auch die Bundestagsfraktion von CDU und CSU hat sich mit dem "Green Deal" der EU-Kommission beschäftigt, dem Plan für ein klimafreundliches Europa. Doch sie hält beträchtlichen Abstand zu den neuen Zielen. Das geht aus dem Entwurf für ein Positionspapier hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

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Zwar böten ambitioniertere Klimaziele auch Chancen. Ein neuer Zielwert von 50 bis 55 Prozent Treibhausgas-Minderung aber, heißt es darin, sei "eine weit reichende Zielverschärfung". Dem stimme man nur zu, wenn zugleich Lasten innerhalb der EU neu verteilt würden. Andernfalls drohe "eine massive Anhebung des deutschen Klimaziels für 2030". Auch müssten "Emissionsminderungen in Drittstaaten" eingerechnet werden. Deutschland könnte seine Verpflichtungen teilweise auf Minderungen im Ausland abwälzen.

Die Unionsfraktion stellt indirekt sogar Klimaauflagen infrage. Durch die Corona-Krise habe sich die wirtschaftliche Situation für Beschäftigte und Unternehmen in Deutschland und Europa deutlich geändert. "Deshalb hat die Koalition von CDU, CSU und SPD vereinbart, darauf zu achten, Belastungen für Beschäftigte und Unternehmen durch Gesetze und andere Regelungen möglichst zu vermeiden", heißt es. Der "Green Deal" müsse "so ausgestaltet werden, dass er die Bewältigung der Corona-Pandemie nicht behindert, sondern unterstützt".

Konkret will die Union alle Auflagen beiseiteräumen, die vermeintlich die wirtschaftliche Erholung gefährden könnten. Im jüngsten Koalitionsausschuss hatte es deshalb zwischen Union und SPD gekracht. Er konnte sich nur auf eine verschwurbelte Klausel im Abschlussdokument einigen - auf die bezieht sich die Union. Auch eine Anhebung der CO₂-Standards für Autos lehnt die Fraktion ab. Schon die bestehenden Emissionsnormen für neue Autos stellten "technisch und ökonomisch eine enorme Herausforderung dar". Deren Überprüfung sei "nicht geboten".

Brüssel arbeitet gerade mit Hochdruck an dem Green Deal. Dazu gehören soll auch eine "Farm-to-fork-Strategie", sie soll die Landwirtschaft vom Acker bis zum Teller nachhaltiger machen. Parallel arbeitet die EU an einer Neufassung ihrer Agrarpolitik. Beides müsse aufeinander abgestimmt werden, verlangt der Entwurf. Die umstrittene Agrarpolitik dürfe "im Sinne der Planungssicherheit" nicht abrupt geändert werden. Zusätzliche Aufgaben für die Bauern müssten finanziert werden. Wegen der steigenden Weltbevölkerung brauche es eine "global wettbewerbsfähige europäische Landwirtschaft".

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