SZ-Werkstatt:Auf Museumstour

Kulturautor Alexander Menden auf Recherchereise nach Wiedereröffnung der Museen im Land: Über Entzugserscheinungen in der Corona-Krise und besondere Erkenntnisse aus dem Neandertal.

Endlich wieder Außentermine! Allein die Fahrt auf der A1 Richtung Süden ist deshalb die reine Freude - abgesehen davon, dass die Lastwagen mittlerweile offenkundig nicht nur die rechte, sondern auch die Mittelspur als ihr angestammtes Terrain betrachten. Uneingeschränkt angenehm ist es, endlich wieder guten Gewissens ohne Presseschild auf dem Armaturenbrett und Passierschein im Handschuhfach unterwegs zu sein.

Vor allem aber empfinde ich das, was ansteht - ein ganzer Tag voller Museumsbesuche als ganz normaler Besucher -, noch mehr als sonst als Privileg. Es gibt ja in jedem Job Abnutzungserscheinungen, sogar bei Kritikern. Insofern bot die Corona-Pause Gelegenheit, herauszufinden, wie lange man es ohne direkte Kunstanschauung aushält. Ergebnis: nicht übermäßig gut. Wenn man alles nur virtuell erlebt, führt das zu Entzugserscheinungen.

Vier Museen an einem Tag - das Neanderthal-Museum in Mettmann sowie der Kunstpalast und die beiden Ausstellungsorte der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf - sind da, um im Bild zu bleiben, die Volldröhnung. Dabei geht es diesmal nicht um Rezensionen, sondern um eine Reportage, die zeigt, wie diese Häuser jetzt wieder hochfahren, nach der vorsichtigen Neuöffnung, mit Abstandsregeln und Maskenpflicht. Ein besonders idyllisch gelegenes Ziel ist das Museum im Neandertal, das unserem ausgestorbenen, nach diesem Fundort benannten, Verwandten gewidmet ist. Was, fragt man sich bei der Begehung dieses großartigen Museums, hätte der Neandertaler wohl von dieser ganzen Corona-Geschichte gehalten? Dümmer als Homo sapiens war er nach allem, was wir mittlerweile wissen, anscheinend trotz gegenteiliger Klischees keineswegs. Vielleicht hätte er darauf hingewiesen, dass nicht jedes Wildtier risikolos zum Verzehr geeignet ist? Eins ist jedenfalls sicher: Sehr vieles von dem, was man im Neandertal und in den Düsseldorfer Kunstmuseen sieht, wirkt nun noch relevanter für die Gegenwart als vor Beginn der Krise.

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