Corona war noch eine ferne Plage, als der neue Mann an der Spitze des Norddeutschen Rundfunks im Januar über die Finanzen sprach. Jährlich 60 Millionen Euro müsse der NDR wohl bis 2024 einsparen, gab Joachim Knuth bekannt, nachdem er Lutz Marmor als Intendant abgelöst hatte. Nun meldet der NDR noch unangenehmere Zahlen, was mit der Pandemie zu tun hat, aber nicht allein an der Pandemie liegt. Statt 240 Millionen Euro will der NDR in vier Jahren sogar 300 Millionen Euro weniger ausgeben, wie der Sender am Freitag öffentlich gemacht hatte, das wären 75 Millionen Euro im Jahr. "Das Programm steht für uns unverändert an erster Stelle", so Knuth, allerdings: "Angesichts der herausfordernden Finanzlage müssen wir Prioritäten setzen."
Künftig wird es weniger Tatorte geben, auch Unterhaltungsshows und Fernsehspiele werden gestrichen, heißt es in der Pressemitteilung. Beim Vorzeigeprodukt Tatort liefert der große NDR die Folgen mit den Ermittler-Duos Borowski und Sahin (Kiel), Lindholm und Schmitz (Göttingen), Tschiller und Güner (Hamburg) sowie Falke und Grosz (Hamburg und Umgebung). Außerdem sollen Sendungen wie Inselreportagen und Lieb und teuer gestrichen werden, andere ins Online-Angebot verlagert werden.
Der NDR rechtfertigt die Maßnahmen damit, dass der Rundfunkbeitrag nicht ausreiche
Der Einsatz des NDR für die Gemeinschaftseinrichtung ARD-aktuell in Hamburg, also Tagesschau und Tagesthemen, "behält höchste Priorität." Die Personalkosten sollen beim NDR bis 2028 um zehn Prozent gekürzt und dafür 200 Planstellen nicht nachbesetzt werden. Betriebsbedingte Kündigungen sind bis 2024 ausgeschlossen. Ansonsten würden "in der Produktion flächendeckend Standards gesenkt und auf Investitionen in Technik verzichtet". NDR-Verträge mit Sportklubs wie dem HSV werden nicht verlängert.
Wie es so weit kam? Herausfordernde Finanzlagen belasten gerade die ganze Welt, darunter private Medienhäuser. Die öffentlich-rechtliche Anstalt NDR, zuständig für Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, rechtfertigt ihre erweiterten Maßnahmen jetzt zum einen mit einem Rundfunkbeitrag, der die gestiegenen Kosten nicht auffangen könne. Obwohl die Gebühren ab 2021 von derzeit 17,50 Euro auf 18,36 Euro im Monat steigen sollen. Außerdem erwarte man "wegen der Beitragsbefreiung für Zweitwohnungen größere Einnahmeausfälle als andere Sender". Dazu kämen die Folgen der Corona-Krise und der geplante Neubau des NDR-Hochhauses wegen Asbestfunden. Der Turm im Hamburg Stadtteil Lokstedt soll wegen der Schadstoffe ja abgerissen werden, was sich angesichts der Engpässe jedoch um ein paar Jahre verzögern dürfte. Der Zuspruch für die Informationsangebote hat Knuth in diesen Wochen gezeigt, "wie wichtig und unverzichtbar ein kraftvoller NDR ist".