Coronavirus in München:Strikte Auflagen ohne Wirkung

Coronavirus in München: Obwohl zahlreiche Menschen am Samstag in München gegen die bestehende Hygieneverordnungen und Abstandsregeln verstießen, ließ die Polizei sie gewähren.

Obwohl zahlreiche Menschen am Samstag in München gegen die bestehende Hygieneverordnungen und Abstandsregeln verstießen, ließ die Polizei sie gewähren.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Polizei und KVR wollen künftig verhindern, dass Demos wie am Samstag aus dem Ruder laufen können - die Organisatoren kündigen bereits neue Kundgebungen gegen die Corona-Beschränkungen an.

Von Julian Hans

Weder das Kreisverwaltungsreferat noch die Polizei wollen die Verantwortung dafür übernehmen, dass eine Demonstration von Gegnern der Corona-Maßnahmen am Samstag aus dem Ruder gelaufen ist. Eine für 80 Teilnehmer angemeldete Kundgebung unter dem Motto "Freunde des Grundgesetzes" war auf 3000 Teilnehmer angeschwollen, von denen viele keine Masken trugen und den Mindestabstand nicht einhielten.

Die erteilte Ausnahmegenehmigung hätte strikte Auflagen gemäß der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung enthalten, teilte KVR-Sprecher Johannes Meyer am Montag mit. Dazu gehöre die Beschränkung auf 80 Teilnehmer und dass am Versammlungsort ein Mindestabstand von 1,50 Metern um jeden Teilnehmer "sichergestellt und kontrolliert werden kann". Die Versammlungsfläche muss eindeutig gekennzeichnet werden, zum Beispiel mit Flatterband. Die Versammlung darf im Vorfeld nicht beworben werden, es dürfen keine Flugblätter verteilt werden, auch Passanten dürfen nicht zur Teilnahme animiert werden.

Würden die Auflagen nicht eingehalten, verliere die Ausnahmegenehmigung ihre Wirkung, teilte das KVR mit. "Es ist mit der Einleitung eines Bußgeldverfahrens zu rechnen und die Versammlung ist aufzulösen."

Das Gesetz räumt der Meinungs- und Versammlungsfreiheit eine große Bedeutung ein. Versammlungen müssen nicht genehmigt werden, sie müssen beim Kreisverwaltungsreferat lediglich angemeldet werden. Nur wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet ist, kann die Stadt eine Demonstration verbieten oder sie nur unter Auflagen zulassen. Während der Veranstaltung ist dann die Polizei dafür zuständig, die Einhaltung dieser Auflagen zu überwachen und Verstöße zu ahnden.

Polizeisprecher Werner Kraus verteidigte am Montag die Entscheidung des Einsatzleiters, die Kundgebung nicht aufzulösen. "Es gab am Samstag aus unserer Sicht im Rahmen der Verhältnismäßigkeit keine andere Wahl", sagte Kraus. Einige Teilnehmer hätten nicht den Eindruck gemacht, dass sie den Platz freiwillig räumen würden, wenn die Polizei das anordnet. "Bei einer Räumung hätten die Vorgaben des Infektionsschutzes überhaupt nicht mehr eingehalten werden können." Sprich: Hätte die Polizei die Demonstranten abgedrängt, wären sich die Teilnehmer noch näher gekommen und die Infektionsgefahr wäre im Gemenge noch größer gewesen als ohnehin. Lediglich eine kleinere Demonstration mit etwa zwei Dutzend Rechtsextremen am Fischbrunnen wurde aufgelöst. Insgesamt wurden sieben Straftaten angezeigt.

Auf der Grundlage des Abschlussberichts zum Einsatz werde nun erörtert, wiesolchen Entwicklungen in Zukunft besser begegnet werden kann. "Wir werden uns mit dem KVR zusammensetzen und die Lage evaluieren", sagte Kraus. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hatte sich am Wochenende verärgert über das Verhalten der Demonstranten gezeigt. Dieses sei "indiskutabel" und "rücksichtslos", sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Gemeinsam mit dem Kreisverwaltungsreferat werde man bis zum nächsten Wochenende ein neues Konzept erarbeiten, um solche Vorkommnisse in Zukunft zu verhindern.

Das KVR kündigte derweil an, "im Lichte des vergangenen Samstags" bei Einzelfallentscheidungen "weiterhin strenge Kriterien bis hin zur Ablehnung" anzuwenden. In einem solchen Fall bliebe den Anmeldern noch die Möglichkeit, eine Genehmigung vor Gericht zu erstreiten.

Jenseits des Versammlungsrechts haben die Behörden nur beschränkte Möglichkeiten, bei Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz einzuschreiten. Im langen Bußgeldkatalog der Staatsregierung zur Corona-Pandemie steht kein Bußgeld für Verstöße gegen das Abstandsgebot. Die Organisatoren der Demo vom Samstag kündigten derweil für nächstes Wochenende neue Aktionen an.

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