Mein Tag:Seelsorge zunächst nur am Telefon

Vikarin Alexandra Ryll beginnt ihre Arbeit in Corona-Zeiten

Von Andreas Ostermeier

Das Coronavirus verändert die Arbeit von Seelsorgern. Denn das direkte Gespräch ist in vielen Fällen nicht möglich, gerade wenn es um alte Leute geht, die zur Risikogruppe gehören. Alexandra Ryll hat dies in den vergangenen Wochen oft erfahren. Seit März ist die neue Vikarin () in der evangelischen Kirchengemeinde in Germering tätig. Vorstellen konnte sie sich der Gemeinde in einem Gottesdienst noch nicht, das wird sie nun am Sonntag tun, wenn die evangelischen Christen erstmals seit den Ausgangsbeschränkungen Mitte März in der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche zusammenkommen. Statt dessen hat Ryll in den vergangenen Wochen oft zum Telefon gegriffen, um Gemeindemitgliedern zum Geburtstag zu gratulieren und sich vorzustellen. Am Telefon bekomme sie freilich kein Bild von ihrem Gesprächspartner, sehe auch nicht die Wohnung, sagt Ryll. Allerdings habe ein solches Freisein von Eindrücken manche Gespräche auch beflügelt, berichtet sie von ihren Erfahrungen. "Ich habe deshalb vielleicht auch mehr von mir preisgegeben", sagt die Vikarin, weil ihre Gesprächspartner sich ja auch kein Bild von ihr machen konnten.

Mit Menschen zu tun haben, das wollte Ryll schon immer. Zunächst arbeitete die aus Brandenburg stammende Frau im Krankenhaus. Zur Theologie kam sie erst später. Während des Studiums, in dem sie Theologie erst als Nebenfach belegte, erwachte ihr Interesse am Pfarrberuf. Im Krankenhaus habe sie die Menschen physisch gepflegt, sagt sie, nun wollte sie sie seelsorgerisch betreuen. Sie wechselte von Berlin nach München, auch weil ihr Mann in der Landeshauptstadt arbeitet, und erhielt die Vikariatsstelle in Germering. Über die Wahl ist sie sehr froh. Denn nach vielen Jahren in Berlin wollte Ryll nicht mehr in einer Großstadt arbeiten, aufs Land aber wollte sie auch nicht. Germering sei deshalb genau das Richtige für sie, sagt die Theologin.

Als Vikarin wird sie zweieinhalb Jahre lang von Pfarrer Michael Lorenz lernen, wie man eine Pfarrgemeinde führt. Stück für Stück wird sie Aufgaben von ihm übernehmen, Gottesdienste gestalten, Predigten halten, Kinder taufen und Ehen schließen. Auch in die Schulen wird Ryll gehen und Religionsunterricht halten. Mit fünften und sechsten Klassen fängt sie demnächst an. Die Corona-Pandemie zögert den Beginn all dieser Tätigkeiten hinaus. Ryll sieht darin nicht nur einen Nachteil. So habe sie Zeit, sich einzuleben, auch in der bayerischen Landeskirche, in der einiges anders ist als in der Kirche Berlin-Brandenburg. Und sie hat noch Zeit für ihre Tochter, die im Kindergartenalter ist, aber wegen der Pandemie-Beschränkungen noch keinen Platz in einem Kindergarten hat.

Gottesdienst mit Einführung von Vikarin Alexandra Ryll, Dietrich-Bonhoeffer-Kirche, Germering, Sonntag, 17. Mai, 10 Uhr

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