Steuerhinterziehung:Das Phantom aus dem Westend

Bafin schließt deutsche Maple Bank

Firmenlogo der Maple Bank. Ehemalige Manager des Geldinstituts müssen sich jetzt vor Gericht verantworten.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Als Chef der Maple Bank war Wolfgang Schuck ein Topverdiener der Branche. Dann kam der Cum-Ex-Steuerskandal.

Von Klaus Ott, Jörg Schmitt und Jan Willmroth, Frankfurt/Hamburg

Von Wolfgang Schuck lassen sich kaum Fotos auftreiben, nur ein verschwommenes Schwarz-Weiß-Bild: Die Aufnahme aus dem Urlaub, sie dürfte schon ein paar Jahre alt sein, zeigt einen grinsenden dicken Mann im gestreiften Polohemd. Dabei war Schuck, heute 66 Jahre alt, als Chef der inzwischen insolventen Maple Bank lange Zeit einer der bestbezahlten Banker der Republik. Und er war ein Phantom, allenfalls bekannt in Frankfurter Bankerkreisen, aber selbst dort nicht vielen. Erst durch die Ermittlungen um die Cum-Ex-Steuertricks brachte er es in der Szene zu trauriger Berühmtheit, heute gilt Schuck als Sinnbild des gierigen Bankers, dem kein Trick zu schmutzig sein soll, um sich die Taschen voll zu machen.

Um fast 390 Millionen Euro soll die Maple Bank, ehemals im Frankfurter Westend ansässiger Teil einer kanadischen Bankengruppe, den Staat betrogen haben. Wegen des Verdachts der "besonders schweren Steuerhinterziehung" war Schuck Ende 2019 sogar verhaftet worden, kam erst kürzlich gegen 1,8 Millionen Euro Kaution frei. Hintergrund sind Cum-Ex-Deals, bei denen sich Geldhäuser zwischen 2006 und 2012 vom Staat zuvor nicht gezahlte Steuern auf Kapitalerträge erstatten oder anrechnen ließen. Erst kürzlich hatte das Landgericht Bonn in einem anderen Fall solche Deals als kriminell eingestuft.

Von diesen dubiosen Aktiengeschäften seiner Bank profitierte Schuck offenbar auch persönlich: Alleine 8,3 Millionen Euro an Boni soll er "aus den ihm vorgeworfenen Taten" kassiert haben, hat die hessische Steuerfahndung errechnet. Insgesamt soll der ehemalige Maple-Chef zwischen 2006 und 2013 etwa 83 Millionen Euro verdient haben. Das wäre deutlich mehr, als der damalige Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, in dieser Zeit erhalten hatte. Allerdings hatte die Maple Bank vor ihrer Insolvenz 2016 nur 125 Beschäftigte und eine Bilanzsumme von 4,5 Milliarden Euro. Die Deutsche Bank kam dagegen auf 1,7 Billionen Euro und gut 98 000 Mitarbeiter. Was die Ermittler argwöhnisch macht: Von seinen Millionen fanden sie nur 70 000 Euro auf deutschen Konten. Sie vermuten, dass Schuck, dessen Verteidigerin sich nicht zu den Vorwürfen äußern wollte, einen Großteil seines Geldes in der Schweiz und den USA gebunkert hat.

Über den Privatmann Schuck ist wenig bekannt. Er ist in zweiter Ehe verheiratet, vor drei Jahren noch mal Vater geworden und residiert im Taunus in einer Villa mit Pool und einem parkartigen Grundstück. Beruflich legte er eine Traumkarriere hin: Abschluss der Banklehre 1977, Weiterbildung zum Bankfachwirt, Station unter anderem bei der französischen Société Générale, acht Jahre bei der US-Investmentbank Salomon Brothers. Von 1994 an war Schuck Geschäftsführer der deutschen Abteilung eines Vorgängerinstituts der Maple Bank. Zwischenzeitlich hatte er, weniger erfolgreich, seine eigene Fondsgesellschaft. 2005 ging er zurück zu Maple, als Leiter der europäischen Gesellschaften der Gruppe. Dort blieb er bis Ende Oktober 2014, wenige Monate vor der ersten Cum-Ex-Razzia bei dem Institut - und rückte schnell ins Visier der Fahnder.

Über alles, was in der Gruppe geschah, so haben es die Ermittler aus Mails, Protokollen und Zeugenaussagen rekonstruiert, soll Schuck Bescheid gewusst haben. Teils habe er sich über Transaktionen seiner Händler informieren lassen, Handelsstrukturen persönlich abgesegnet. Bei vielen belastenden E-Mails, die heute als Beweisstücke dienen, stand er auf dem Verteiler. Er habe, so glaubt die Staatsanwaltschaft belegen zu können, von Beginn an Bescheid gewusst, dass die Cum-Ex-Deals womöglich illegal seien. Was bei den Ermittlungen herauskommt, bleibt aber abzuwarten.

Das Interesse der Justiz erregte Schuck erstmals allerdings mit einem anderen Deal vor zwölf Jahren: Dem Versuch von Porsche, den viel größeren VW-Konzern zu übernehmen. Maple, ein Finanzdienstleister für Finanzdienstleister, unterstützte damals Porsche. Als Stuttgarter Ermittler seinerzeit wegen des Verdachts des Insiderhandels und Kursmanipulation ermittelten, durchsuchten Fahnder auch die Maple-Büros. Auch gegen Schuck wurde ermittelt, er aber beteuerte stets seine Unschuld und die Ermittlungen wurden eingestellt.

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