Zorneding/Poing:Zornedinger Asylhelfer schreiben Brandbrief an den Landrat

Zorneding/Poing: Die Asylunterkunft im Zornedinger Ortsteil Pöring.

Die Asylunterkunft im Zornedinger Ortsteil Pöring.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Der Verein schlägt Alarm: Bei Verlegungen von Asylheim-Bewohnern nach Poing und Zorneding soll massiv gegen Quarantäneregeln verstoßen worden sein.

Von Korbinian Eisenberger, Zorneding/Poing

Es liest sich wie ein Hilferuf: Bei der Verlegung von Asylbewerbern aus der Unterkunft im Zornedinger Ortsteil Pöring ins Containerdorf und nach Poing soll das Landratsamt Ebersberg gegen die staatlich auferlegten Quarantänezeiten verstoßen haben. Zudem sollen weder vor noch während der Quarantänezeiten der Bewohner die gemeinschaftlichen Sanitäranlagen desinfiziert worden sein. Auf das Verteilen entsprechender Sprays sei ebenfalls verzichtet worden. Auf Corona getestet wurden die Männer offenbar auch nicht. All das, nachdem ein Mitbewohner sich infiziert hatte. Formuliert hat diese massiven Vorwürfe der Zornedinger Asylhelferverein in einem Offenen Brief an den Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU).

Nicht der erste Fall in Bayern, wo Helfer die Unterbringungsart von Asylbewerbern in Zeiten der Infektionsgefahr hinterfragen. Der SZ liegt das Schreiben aus Zorneding seit Montagabend vor. In dem zweiseitigen Brief wird detailliert beschrieben, welche Fehler aus Sicht der Helfer begangen wurden. Bekanntermaßen teilen sich die Bewohner der Unterkünfte Toiletten, Waschräume und Küche. Die Zimmer sind eng. Im Gebäude sind sie meist gezwungen, gegen die Abstandsregel zu verstoßen. Im Schreiben wird kritisiert, dass die Zuständigen nach dem Umzug Fehler machten. "Vernünftigerweise hätte man erwarten können, dass zur Begrenzung des weiteren Infektionsrisikos die gemeinschaftlich - auch mit dem Infizierten - genutzten Flächen einer Desinfektion unterzogen werden", heißt es.

Die zweite Vorsitzende Karin Hollerbach-Zenz berichtet am Dienstag auf Nachfrage: "Mehrere Bewohner haben mir erklärt, dass dies weder in Poing noch Zorneding geschehen ist." Im Brief heißt es: "Man hat den Bewohnern auch keine Mittel zur Verfügung gestellt - sie selbst konnten sich entsprechende Artikel quarantänebedingt ja nicht mehr besorgen."

Bis heute sei keiner der ehemaligen Mitbewohner des Infizierten noch einer der Securityleute auf Corona getestet worden. Stattdessen wurden "gemäß den Meldungen des Landratsamts" zwei der Männer einen Tag vor dem Ende ihrer Quarantäne - ungetestet - nach Poing beziehungsweise ins Containerdorf Zorneding verlegt, also bereits am 13. statt erst am 14. Mai. "Es erschließt sich uns nicht, wie es mit den Zielen einer Quarantäne vereinbar sein soll", heißt es im Brief an Niedergesäß.

Es geht noch weiter: "In der Unterkunft in Pöring wurden seit der ersten Quarantäne-Woche sukzessive neue Infizierte untergebracht. Dies haben wir von den Bewohnern des Erdgeschosses erfahren, die die Information wiederum durch das Security-Personal erhalten haben", heißt es im Schreiben, das mit "Der Vorstand des Helferkreis-Asyl Zorneding" unterzeichnet ist. Die Helfer, so ist zu erfahren, wären deswegen gerne vorab vom Landratsamt informiert worden. "Dies erfolgte nicht."

Aus dem Landratsamt Ebersberg ist zu erfahren, dass der Brief aus Zorneding angekommen sei, wie ein Sprecher mitteilt. Eine SZ-Anfrage vom Dienstagvormittag - mit der Bitte um Stellungnahmen zu den Vorwürfen - beantwortet die Pressestelle am späten Nachmittag mit einer knappen Mail. Aufgrund der aktuellen Krisenlage und der kurzen Zeit von viereinhalb Stunden zur Bearbeitung der Fragen, könne das Statement "nur kursorisch sein". Dass den Bewohnern Desinfektionsmittel fehlten, dementiert die Behörde. "Die Asylbewerber erhalten im haushaltsüblichen Rahmen sehr wohl Hygienemittel, wobei auch die Fachleute sagen, dass allein die gründliche Handreinigung mit Seife ausreichenden Schutz bietet", heißt es hierzu. "Derzeit sind alle Bewohner ohne Symptome, sodass eine medizinische Betreuung vor Ort nicht erforderlich ist."

Weiter heißt es: "Alle seuchenhygienischen Vorschriften wurden bei den Verlegungen beachtet und mit dem Gesundheitsamt abgesprochen." Getestet würden nach den Regelungen des Robert-Koch-Instituts nur Personen mit Symptomen, "wie auch in der übrigen Bevölkerung".

Vom Helferkreis ist zu erfahren, dass man es dort als wenig hilfreich erachte, die Situation von Asylbewerbern mit der "übrigen Bevölkerung" in Hygiene- und Virenschutzfragen gleich zu bewerten. Im Brief an den Landrat heißt es etwa: "Dass Einrichtungen, in denen Menschen unter prekären Verhältnissen (Betriebe, Unterkünfte) zusammenkommen, zu Brennpunkten der Pandemie werden, kann nicht überraschen."

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