Noch immer keine Präsenzkurse an Volkshochschulen:Es geht an die Substanz

Noch immer keine Präsenzkurse an Volkshochschulen: In der Freisinger Volkshochschule weiß noch immer niemand, wie es weitergeht, wann eine Öffnung möglich ist.

In der Freisinger Volkshochschule weiß noch immer niemand, wie es weitergeht, wann eine Öffnung möglich ist.

(Foto: Marco Einfeldt)

Freiberufliche Dozenten und auch die Volkshochschulen selbst geraten durch die Corona-Krise in Not. "Die Politik kann nicht so mit uns umgehen", kritisiert Freisings VHS-Leiter Dorn. Er und seine Kollegen fordern eine Perspektive.

Von Nadja Tausche, Landkreis

"Ich hänge in der Luft", sagt Michaela Abel. Sie ist freiberufliche Dozentin an der Volkshochschule Freising und Fitness- und Ernährungscoach. An der Volkshochschule bietet sie derzeit weder Präsenz- noch Onlinekurse an - "und das Schlimmste ist, ich kann nicht planen", sagt Abel. Wann die Kurse an den Volkshochschulen wieder im normalen Rahmen stattfinden können, weiß niemand. Mittlerweile sind Sportkurse im Freien wieder erlaubt - allerdings nur mit fünf Personen inklusive Trainer. Das sei für sie nicht rentabel, so Abel. Onlinekurse habe sie nicht angeboten: Keiner habe gewusst, ob es nicht doch bald mit Präsenzkursen weitergehe.

Für Volkshochschulen im Allgemeinen und selbständige Dozenten im Speziellen ist die aktuelle Situation kritisch. Die Erwachsenenbildung werde in der Öffnungsdebatte zu wenig berücksichtigt, kritisiert der Bayerische Volkshochschulverband. Betroffen seien bayernweit rund 200 Volkshochschulen, 30 000 freiberufliche Dozenten und zwei Millionen Kursteilnehmer. Bildung sei aber "kein Luxus in Krisenzeiten, sondern ein öffentliches Gut und bitter notwendig" - gerade in Zeiten des wachsenden Einflusses von Verschwörungstheorien und Fake News. Oliver Dorn, Leiter der VHS Freising, kritisiert: "Die Politik kann nicht so mit uns umgehen." Das Hauptproblem sei, dass er keine Perspektive habe. Auch Doris Fähr, Geschäftsführerin der VHS Eching, sagt: "Mein größter Wunsch wäre Klarheit." Sie müsse wissen, wann und unter welchen Bedingungen wieder Präsenzkurse möglich seien. In Freising könnte es laut Dorn sofort losgehen: "Wir könnten in jeder Hinsicht die Hygienevorschriften einhalten." Genügend Räume, Ausgänge und Toiletten seien da.

In der Zwischenzeit behilft man sich an den Volkshochschulen mit Onlinekursen. An der VHS Neufahrn werde das Angebot gut angenommen, berichtet Ines Seidel, man bekomme viel positives Feedback. "Ich bin sehr froh, dass unsere Dozenten das machen", sagt sie: So könne man den finanziellen Schaden zumindest etwas begrenzen. Allerdings finde nur "ein Bruchteil" der Kurse online statt.

Die Onlinekurse umzusetzen bedeutet viel Aufwand

Zu den Dozenten, die ihre Kurse in Neufahrn online weiterführen, gehört Janina Raab. Seit Anfang April hält sie ihre Wirbelsäulengymnastik-Stunde einmal pro Woche über einen nicht öffentlichen Link per Live-Video. "Die Leute waren sehr dankbar, dass es eine Möglichkeit gab, das weiterzuführen", sagt Raab - gerade ältere Kursteilnehmer, die Präsenzkurse aus Angst vor Ansteckung derzeit sowieso meiden würden. In Freising bietet sie ihre Kurse dagegen nicht an: Die VHS Freising hat das Semester wegen der coronabedingten Unsicherheit vorzeitig beendet. Den Onlinekurs in guter Qualität anbieten zu können, sei "technisch ein Wahnsinn", erzählt Raab. Die Kursteilnehmer müssten ihre Anweisungen verstehen, während parallel Musik läuft. Auch Musikrechte zu klären und das Einverständnis aller Kursteilnehmer einzuholen, sei Aufgabe des Dozenten. Sie verstehe deshalb, dass manche ihre Kollegen sich nicht mit digitalen Möglichkeiten auseinandersetzen wollen oder können.

Allerdings: Nur wer als Dozent die Kurse online weiterführt, bekommt sein Honorar ausbezahlt. Im Normalfall entscheiden die Dozenten selbst, ob sie das tun - sind aber darauf angewiesen, dass die VHS-Leiter etwa bestimmte Plattformen freischalten. In anderen Fällen wiederum lohne sich der Aufwand für die Dozenten nicht, sagt Dorn: Etwa, wenn jemand das Honorar nicht zum Leben brauche. Zudem müsse man bedenken, dass ein Online-Angebot "bei einem Großteil der angebotenen Veranstaltungen weder möglich noch sinnvoll" sei. In Eching biete man mittlerweile knapp 50 Kurse online an, berichtet Doris Fähr. Aber: "Die Volkshochschule ist eigentlich schon ein Ort der Begegnung."

Abels Antrag auf Soforthilfe wurde abgelehnt

Zum Problem für die Dozenten wird aktuell vor allem der finanzielle Aspekt. In den meisten Fällen sind sie für das Soforthilfe-Programm des Freistaats nicht bezugsberechtigt. "Mein Antrag wurde abgelehnt", erzählt Michaela Abel: Wie viele andere Selbständige hat sie kaum Betriebsausgaben, für die der Zuschuss gedacht ist. Abel lebt derzeit von den Einnahmen ihres Einzeltrainings - und von Rücklagen. Ihre Kollegin Raab sagt: "Es wäre schon gut, Ausfälle, die teilweise enorm sind, irgendwie zu kompensieren."

Auch bei den Volkshochschulen selbst geht es finanziell an die Substanz. An der VHS Eching zahlt man den Teilnehmern die Kursgebühren zurück: "Um Zahlung zu bitten, obwohl die Leistung nicht stattgefunden hat, ist schwierig", findet Fähr. Viele Volkshochschulen bräuchten einen Rettungsschirm, davon ist sie überzeugt. Besonders schwierig ist die Lage unter anderem an der VHS Moosburg, wo der Träger anders als in Eching nicht die Gemeinde ist. Teilnehmergebühren machen hier knapp 70 Prozent der Einnahmen aus, berichtet Leiterin Gerda Fischer - und die fallen jetzt großteils weg. Fischer fordert deshalb, die Zuschüsse, die den restlichen Teil der Einnahmen ausmachen, zu erhöhen. Immerhin, für Integrationskurse sei bereits eine Förderung zugesagt worden.

Dass sich die finanzielle Lage bald entspannt, davon geht Fischer nicht aus. Aufgrund der Hygienevorschriften müsse man die Gruppen wohl dauerhaft verkleinern: "Das reduziert die Teilnehmergebühren extrem." Außerdem sei damit zu rechnen, dass aus Angst vor Ansteckung auch im nächsten Semester weniger Menschen Kurse buchen. Mittlerweile darf die VHS Moosburg neben verkleinerten Sportkursen auch Musikunterricht für Einzelpersonen anbieten. Das sei zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sagt Fischer - "aber immerhin einer mit Signalwirkung": Man habe gezeigt, dass man bereit sei, wieder in den Präsenzunterricht zu starten.

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