Mitten im Garten:Von Mensch und Maus

Freigelassene Wühlmaus auf einer  Wiese in Ammerland.

Endlich ist die Maus raus aus der Falle und wieder in Freiheit.

(Foto: Karin Klein/oh)

Was der Nager wohl als Glanzleistung für sich verbucht, empfindet der Gartenbesitzer schon fast als Körperverletzung

Kolumne von Sabine Bader

Wühlmäuse sind wahre Landschaftsarchitekten, ihr Spezialgebiet sind Krater. Ein echter Meister seines Fachs ist bei den Tieren, wer es schafft, ein Loch zu buddeln, in dem nicht nur Kindermurmeln und Tischtennisbälle unwiderruflich verschwinden, sondern auch der ein oder andere Tennisball abtaucht. Schade nur, dass die gestalterischen Vorstellungen von Mensch und Maus nicht auf einen Nenner zu bringen sind. Was die Maus unter einer echten Glanzleistung ihrerseits verbucht, grenzt für den Gartenbesitzer an Körperverletzung. Und so geschieht es nicht selten, dass dieser auf Rache sinnt, weil er sich schon diverse Male beim Rasenmähen den Fuß im Mausekrater vertreten hat.

Nicht selten entspinnen sich in den Hausgemeinschaften spätestens dann lebhafte Debatten darüber, was zu tun ist. So kann es passieren, dass eine Mitbewohnerin reichlich zufrieden mit einem Eimerchen bewaffnet nach Hause kommt. Sein Inhalt: kleine Körnchen, von denen laut Gebrauchsanweisung schon sieben in jedem Krater ausreichen, um seinen Bewohnern den Garaus zu machen. "Das hilft wenigstens!", verkündet sie stolz. Worauf die andere Partei im Haus entsetzt anbietet, den Eimer gegen einen großen Sack Rosenerde einzutauschen und die Wühlmäuse stattdessen mit einer Lebendfalle zu fangen. Besser noch eignen sich hier Rattenfallen, da haben die Mäuse wenigstens Auslauf, erklärt sie. Übrigens sind Käse und Speck ziemlich out bei ihnen. Der Renner ist Bio-Vollmilchschokolade. Also, Schokolade rein, Falle spannen, und spätestens am nächsten Morgen ist die Maus drin. So einfach ist das. Der Rekord liegt bei neun Minuten zwischen spannen und fangen. Dann wird die Delinquentin samt Falle im Einkaufskorb auf eine etliche hundert Meter und ein paar Hausecken entfernte Wiese getragen und ausgelassen. Ein- bis zweimal täglich sieht man jetzt die Hausgemeinschaft mit Körbchen durchs Viertel pilgern.

Wer jetzt glaubt, alle Probleme seien gelöst, der irrt. Denn jetzt geht die Debatte um die Frage, ob Mäuse wieder zurückfinden, und wenn ja, wie weit? Ein Mitbewohner konsultiert eine Freundin, die sich dadurch auszeichnet, dass sie auch einen Garten hat, und legt sich mit ihr auf fünf Kilometer Entfernung fest. Was, fünf? Dem geht's wohl zu gut? Als er auch noch fordert, die Tiere mit Nagellack an der Schwanzspitze zu markieren, um zu testen, wie weit sie zurückfinden, streikt die Hausgemeinschaft.

Und so pilgern alle, mangels besserer Ideen, weiter in Richtung Wiese - auch wenn einigen schwant, dass es sich hier offensichtlich um eine Großfamilie und für die Hausbewohner um eine Lebensaufgabe handelt.

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