Terrorismus:Vorbild Christchurch

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In Christchurch, Neuseeland, tötete ein Rechtsextremer bei Anschlägen auf Moscheen 51 Menschen. Ein 21-Jähriger aus Niedersachsen wollte sich den Attentäter zum Vorbild nehmen, nun wurde er festgenommen. (Foto: Vincent Thian/AP)

Ein 21-jähriger Mann aus Hildesheim kündigt im Netz an, Muslime töten zu wollen. Die Polizei findet Waffen bei ihm. Nun wird ermittelt, wie ernst es ihm mit seinen Drohungen war.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Er habe "zahlreiche Menschen töten" wollen, in einem anonymen Chat hatte er den Anschlag am Freitag vorvergangener Woche angekündigt. Er habe sich dabei auf Christchurch in Neuseeland bezogen, wo ein Rechtsextremer im März vergangenen Jahres bei Angriffen auf Moscheen 51 Menschen erschossen hatte. Er wolle ähnlich handeln. So berichtet es nun die Generalstaatsanwaltschaft Celle, deren Zentralstelle Terrorismusbekämpfung die Ermittlungen übernommen hat. Bereits am Samstag vor einer Woche wurde der Verdächtige verhaftet, es ist ein 21- Jähriger aus Hildesheim. Jetzt wurde der Fall bekannt gemacht.

"Seit Längerem" habe er sich mit der Idee beschäftigt, heißt es in der Meldung der Justiz aus Niedersachsen. "Sein Ziel sei es, Muslime zu töten", er wollte damit "weltweite mediale Aufmerksamkeit" erregen. In der Wohnung des Beschuldigten fand die Polizei laut Generalstaatsanwaltschaft Celle Datenträger, darauf Daten mit rechtsradikalen Inhalten. Und sie fand Waffen, "die zur Umsetzung der Anschlagspläne angeschafft worden sein dürften".

Am vergangenen Freitag erließ die Staatsschutzkammer des Landgerichts Lüneburg Haftbefehl "wegen der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten" und "des Verdachts der Terrorismusfinanzierung" - Letzteres wegen der Waffen, die mutmaßlich für die geplante Tat angeschafft worden waren. Das Landgericht Lüneburg war als Beschwerdekammer ins Spiel gekommen, weil die Ermittlungsrichterin am Amtsgericht Hildesheim den Haftantrag abgelehnt hatte, was eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung als "richterliche Unabhängigkeit" bezeichnete und nicht kommentieren wollte.

Die Drohung im Netz datiert dem Vernehmen nach vom 29. Mai. Die Staatsanwaltschaft Hildesheim habe zunächst erklärt, dass es keine konkreten Hinweise dafür gebe, dass der Mann tatsächlich vorgehabt habe, seine Ankündigung umzusetzen, berichtet die Hildesheimer Allgemeine Zeitung. Seine Wohnung soll an einer Hildesheimer Hauptstraße liegen.

Von der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, wie es bei Terrorverdacht sonst gewöhnlich heißt, ist in dem Haftbefehl offenbar nicht die Rede. Das könnte in einer Anklage folgen. Vorläufig sitzt der Mann in Untersuchungshaft in einem Gefängnis. "Wir stehen noch ganz am Anfang der Ermittlungen", sagte die Sprecherin der Celler Generalstaatsanwaltschaft der SZ. "Auf besonders tragische Art hat sich das erhebliche Gefährdungspotenzial der rechtsextremistischen Szene realisiert", schrieb Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) im niedersächsischen Verfassungsschutzbericht 2019. Er bezog sich dabei auch auf das rassistisch motivierte Attentat von Christchurch.

© SZ vom 09.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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