Moosach:Auf Knopfdruck Kontakt

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Die Bahn beschert der Landeshauptstadt ihre erste Video-Verkaufsstelle: Per Bildschirm-Schalte können sich Fahrgäste am Moosacher Bahnhof informieren lassen. Die Reiseberater sitzen in Kempten

Von Anita Naujokat, Moosach

Vor zehn Jahren hat die Stadt ihren 100. U-Bahnhof in Moosach eröffnet. Auf diese Zahl kann jetzt auch die Deutsche Bahn blicken: Am Mittwoch nahmen Heiko Büttner, Vorsitzender der Geschäftsleitung der S-Bahn München, und Reinhold Pohl, Leiter des Regionalen Vertriebs Süd bei der Deutschen Bahn, am S-Bahnhof Moosach die bundesweit 100. Video-Verkaufsstelle in Betrieb - und damit die überhaupt erste in der Landeshauptstadt München. Dem Anlass angemessen übertrugen sie die Eröffnung per Livestream. Zugeschaltet waren Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) und Münchens Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne).

In der rot-weißen Kabine auf dem Mittelbahnsteig der S-Bahnstation können sich Bahnkunden per Knopfdruck über Video mit einem Bahnmitarbeiter verbinden, sich live wie im herkömmlichen Reisezentrum von ihm beraten lassen, Fahrkarten oder Bahncards kaufen und Reservierungen vornehmen. Diese werden direkt in der Kabine ausgedruckt und können an einem Automaten mit EC-, Kreditkarte oder bar bezahlt werden. Der Reiseberater ist für sie auf einem Bildschirm sichtbar, über einen zweiten können die Kunden dessen Arbeitsschritte verfolgen. Die Mitarbeiter für die Video-Verkaufsstelle sitzen in der Video-Zentrale in Kempten.

Auf zwei Bildschirmen können die Fahrgäste verfolgen, was geschieht. Der eine Monitor zeigt ihren Reiseberater, der andere seine Arbeitsschritte. (Foto: Deutsche Bahn AG/oh)

Bayern und Baden-Württemberg zählen zu den Schwerpunkt-Gebieten für Video-Verkaufsstellen. Angefangen hatte es 2013 mit einem Pilotprojekt im Schwarzwald. Mittlerweile verfügt die Bahn zusätzlich zu ihren 380 klassischen Reisezentren über sieben Video-Zentralen, acht Video-Schalter und 63 Video-Reisezentren. In sieben Jahren verzeichnete sie mehr als zwei Millionen gesprochene Minuten über deren Mikrofone und 646 000 Nutzer. Bei etwa 80 Prozent aller Beratungsgespräche erfolge ein Fahrkartenverkauf.

Dass der Münchner Outdoor-Pavillon jetzt in Moosach steht und nicht in Pasing oder am Ostbahnhof, erklärte Bahnsprecher Bernd Honerkamp mit einer weggebrochenen Agentur, die wegen zurückgegangener Verkaufsanteile den Service in Moosach eingestellt habe. Die Installation des vorgefertigten Outdoor-Pavillons gestaltete sich Pohl zufolge in Moosach etwas aufwendiger als an manch anderen Orten. Sattelauflieger und Kran waren notwendig, um die Kabine über die Oberleitung zu hieven. Auch mussten dickere Leitungen als herkömmliche Datenübertragungskabel angeschlossen werden, um Zeitverzögerungen in der Kommunikation zu vermeiden. Das scheint gelungen zu sein, wie Wolfgang Jakob, Leiter des Verkaufsbezirks Südbayern, zeigte, der ein Beratungsgespräch für den fiktiven Kauf einer Fahrkarte nach Donauwörth demonstrierte.

Kommt ein Reisezentrum geschwebt: Per Kran wurde der Pavillon über die Oberleitung auf den Mittelbahnsteig gehievt. (Foto: Deutsche Bahn AG/oh)

Staatsministerin Schreyer sprach von einer "klugen Idee" weil die Bahn damit auf dem "flachen Land" präsent sei und in der Stadt ein zusätzliches Angebot schaffe und den Service ausweite. Bei aller Technik und Digitalisierung sei es eine "sehr, sehr schöne Ergänzung" des Angebots, mit einer realen Person sprechen zu können. Für Bürgermeisterin Habenschaden verbinden sich hier persönliche Belange mit den Vorteilen der Digitalisierung, längeren Öffnungs- und hoffentlich weniger Wartezeiten. Der Bahnhof Moosach sei schon vorher mit U-Bahn, Bussen, Tram, Flughafenlinie und Regionalzügen ein gutes Beispiel für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs in München gewesen. Und die Stadt begrüße alles, was den Umstieg vom Auto auf den ÖPNV begünstige. "Das wird den Moosacher Bahnhof weiter aufwerten", sagte sie. Für Münchens S-Bahnchef Büttner könnten die Videosysteme eine Brücke zwischen persönlicher Beratung in den klassischen Centern und dem Automatenverkauf bilden. Die Kunden-Zufriedenheit sei sehr hoch, höher als bei der Bahn an sich.

Die Bahn plant 20 weitere Standorte, den nächsten in Starnberg Nord. Geöffnet ist das digitale Reisezentrum montags von 7 Uhr bis 19 Uhr, dienstags bis freitags von 7.30 Uhr bis 19 Uhr, samstags von 8.15 Uhr bis 14.45 Uhr sowie sonn- und feiertags von 8.15 Uhr bis 13.45 Uhr.

© SZ vom 12.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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