Landkreise Ebersberg und München:"Um den Wald zu schützen, müssen wir Windräder bauen"

Landkreise Ebersberg und München: Auf dem Posten: Johannes Urban von der Firma Naturgutachter, die die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung für das Windkraftprojekt übernommen hat.

Auf dem Posten: Johannes Urban von der Firma Naturgutachter, die die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung für das Windkraftprojekt übernommen hat.

(Foto: Energieagentur Ebersberg-München)

Auf einer Plattform im Höhenkirchner Forst messen Experten die Windstärke und halten Ausschau nach seltenen Vögeln. Ebersbergs Klimaschutzmanager bezieht klar Stellung.

Von Bernhard Lohr

Hans Gröbmayr hat sich letztens reichlich Wind um die Ohren wehen lassen. Der Geschäftsführer der Energieagentur Ebersberg-München stand auf einer Plattform über den Wipfeln des Höhenkirchner Forsts, wo wegen geplanter Rotoren das Windaufkommen gemessen wird und artenschutzrechtliche Beobachtungen laufen. Bisher kreiste kein seltener Rotmilan. Auch sonst fand man dort und im parallel dazu untersuchten Bereich im Hofoldinger Forst nichts, was den Bau von insgesamt sieben Windkraftanlagen blockieren würde. Ergebnisse werden im Spätherbst erwartet. Bereits im Juli beginnt eine Reihe von Online-Veranstaltungen, bei denen Bürger die Pläne hinterfragen und kritisieren können.

Dass es im Südosten des Landkreises München wegen der Windkraftpläne viele Fragen und sogar offenen Widerstand gibt, ist spätestens bekannt, seit in Brunnthal wütende Bürger bei einer Demonstration mit Fackeln und lauten Rufen ihren Protest zum Ausdruck brachten, weil sie ihren Forst und das Landschaftsbild in Gefahr sehen. Dennoch liefen auch mit Brunnthaler Beteiligung die Voruntersuchungen an. Die Federführung liegt bei der Arbeitsgemeinschaft Windenergie im Hofoldinger Forst, an der auch Aying, Sauerlach und Otterfing beteiligt sind. Für den Höhenkirchner Forst hat Höhenkirchen-Siegertsbrunn sich mit Egmating und Oberpframmern zusammengetan. Rechnerisch fällt auf jede Gemeinde eine Anlage.

Doch auch wenn der Protest im Vorfeld einer Arge-Sitzung in Brunnthal, an den sich Gröbmayr gut erinnert, in seiner Vehemenz beeindruckend war, glaubt der Geschäftsführer der Energieagentur, die im Auftrag der Landkreise München und Ebersberg die Windkraft-Initiativen begleitet, an eine wachsende Akzeptanz. Offenen Widerstand wie in Brunnthal gab es sonst auch nicht. Kritische Anfragen gingen zwar ein, sagt Gröbmayr, zehn bis zwölf habe er gezählt. Ein Kritiker aus Ottobrunn hat die Rathäuser in Ottobrunn und Grasbrunn angeschrieben und warnt vor Eingriffen in einen "schönen und artenreichen Bannwald" durch das Höhenkirchner Projekt. Es handle sich um ein Wasserschutzgebiet, sagt der Kritiker, der namentlich nicht genannt werden will. Es drohten Rodungen, wenn 70 Meter lange Bauteile an geliefert werden müssten. CO₂-bindender Wald werde vernichtet.

Solche Bedenken kennt Gröbmayr und gibt sich selbstbewusst, sie widerlegen zu können. Der Glonner ist überzeugt, dass Windräder den Wald nicht bedrohen. Angesichts des Klimawandels sagt er: "Um den Wald zu schützen, müssen wir Windräder bauen." An drei Windräder mit einer Leistung von je circa vier Megawatt wird auf Höhenkirchner Flur gedacht, mit Nabenhöhen von 160 Metern und 150 Meter Rotordurchmesser. Ein Rad soll im Jahr bis zu neun Millionen Kilowattstunden liefern und mehr als 2000 Haushalte versorgen können. Weil Windräder privilegierte Bauvorhaben sind und auf den vorgesehenen Flächen geforderte Abstände eingehalten werden, besteht grundsätzlich Baurecht. Die Arbeitsgemeinschaften haben mit den Staatsforsten Verträge geschlossen, um eine planvolle Erschließung sicherzustellen.

Landkreise Ebersberg und München: Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr (links, mit Samuel Stramann) bei seinem Besuch auf der Beobachtungsplattform im Forst.

Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr (links, mit Samuel Stramann) bei seinem Besuch auf der Beobachtungsplattform im Forst.

(Foto: Energieagentur Ebersberg-München)

Einer Broschüre der Energieagentur zufolge, die für die Bürgerbeteiligung erstellt wurde, leistet die Windenergie den größten Beitrag bei der nachhaltigen Stromerzeugung in Deutschland. 2018 wurden knapp 75 Millionen Tonnen CO₂ vermieden. Windenergie bringe anders als Photovoltaik im Winter und bei Nacht Erträge und sei mit sechs bis acht Cent pro Kilowattstunde günstig in der Produktion. Eine Anlage sei in drei bis sechs Monaten amortisiert. Deren Rückbau nach der Stilllegung sei vorgeschrieben. Wertvoller Mischwald werde möglichst verschont, sagt Gröbmayr. Gerodete Flächen - 2500 Quadratmeter sind für eine Anlage notwendig - würden wieder aufgeforstet. Ein Windrad spart laut Energieagentur 1000 Mal mehr CO₂ ein, als diese Waldfläche binden könne.

Die Plattform, auf der Gröbmayr stand und von der aus Beobachter den Zug der Vögel im Blick haben, befindet sich etwa 500 Meter vom Standort entfernt, um die Flugbewegungen besser verfolgen zu können. Auch nachts sei sie besetzt, sagt Gröbmayr. Die Natur werde über einen längeren Zeitraum beobachtet, um dem Artenschutz Genüge zu leisten. "Wir wollen keine Zwischenergebnisse herausgeben", sagt Gröbmayr, "aber bisher sehen wir keinen Grund, die Untersuchungen nicht fortzuführen." Um finanzielle Risiken einer Bürgerbeteiligung abschätzen zu können, würden Daten bestehender Anlagen genutzt. Die Berechnungen seien sehr genau.

Die Bürgerdiskussion über die Windkraftpläne hätte eigentlich vor Monaten anlaufen sollen. Dann kam die Corona-Pandemie, mit all ihren Einschränkungen. Nun soll am Montag, 6. Juli, die erste Veranstaltung für Höhenkirchen-Siegertsbrunn als Online-Termin abgehalten werden, bei dem sich alle Interessierten einloggen und über eine Chatfunktion ihre Kritik auch loswerden können. Weitere Termine in Egmating und Oberpframmern folgen am 21. und 27. Juli und später die Veranstaltungen für das Hofoldinger-Forst-Projekt.

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