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Nahaufnahme: „Ich bin selbstreflektiert genug, nicht zu glauben, dass ich schon alles kann und weiß. Ich lerne ständig dazu", sagt Hanno Renner.

„Ich bin selbstreflektiert genug, nicht zu glauben, dass ich schon alles kann und weiß. Ich lerne ständig dazu", sagt Hanno Renner.

(Foto: oh)

Hanno Renner hat Personio gegründet, mit 500 Millionen Dollar wird das Start-up bereits bewertet. Die Software soll den Lebensprozess von Mitarbeitern digitalisieren.

Von Katharina Kutsche

Software für die Personalverwaltung, das klingt erst mal nicht gerade spektakulär. Doch wenn ein deutsches Start-up mit diesem Produkt auf dem Weg zur Milliardenbewertung ist, dann ist es das durchaus. Personio heißt das 2015 gegründete Unternehmen. Anfang des Jahres hat das Führungsteam um Hanno Renner, Roman Schumacher, Jonas Rieke und Arseniy Vershinin eine Finanzierungsrunde mit 75 Millionen Dollar abgeschlossen. "Wir glauben, dass sich in den nächsten Jahren ein Marktführer etablieren wird. Für Europa wollen wir das sein", sagt Firmenchef Renner.

Mit dem Kapital will das Team technisch und personell wachsen sowie expandieren. Der größte Batzen aber gehe ins Produkt. "Wir nennen uns HR-Betriebssystem, weil wir den gesamten Lebensprozess eines Mitarbeiters digitalisieren wollen", so Renner: Vom Anwerben zum Einarbeiten, zur Stammdaten-Verwaltung hin zum Feedbacktool. HR steht für das Personalgeschäft, im Englischen Human Resources.

Die Zielgruppe sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit Mitarbeiterzahlen zwischen zehn und 2000. Konzerne können Software etwa von SAP und Oracle nutzen; bei einem großen Personalstamm lohnt es sich, ein aufwendiges Programm einzurichten. Die großen Unternehmen können sich auch die nötigen IT-Administratoren leisten, die die Systeme im eigenen Haus pflegen. Für KMU sei eine solche Variante nicht realistisch, sagt Renner. "Rund 70 Prozent des Marktes nutzt noch keine digitale Lösung, abgesehen vielleicht von Excel, das sehen wir ja bei unseren Kunden." Diese alten Arbeitsweisen seien mit modernen Cloud-Angeboten nicht zu vergleichen, das Start-up profitiere von seinem jungen Alter: "Technologie macht es erst heute möglich, schnellere und einfachere Lösungen zu bauen."

Kunden von Personio - mehr als 2000 sind es inzwischen - zahlen einen monatlichen Vertrag für die Softwarenutzung und haben keine weiteren Kosten. Der Service für das Implementieren der Programme ist ebenfalls gratis und nach vier bis sechs Wochen abgeschlossen. Das Team schult die Kunden so, dass diese sich selbst helfen können. Der größte Teil der rund 450 Mitarbeiter kümmert sich um die Kundenberatung und -unterstützung, ein Drittel arbeitet am Produkt und seiner Entwicklung, ein Fünftel im Vertrieb.

Renner studierte Wirtschaftsingenieurwesen und war im Center for Digital Technology and Management der TU München aktiv. Dem heute 30-Jährigen machte vor allem Spaß, gemeinsam mit Kommilitonen Ideen zu bearbeiten, erzählt er, das Gründen habe für ihn nicht im Vordergrund gestanden. Dort an der TU entstand auch die Idee für Personio.

Renner ist es wichtig, als Chef auch Dinge zu tun, die nicht in der Stellenbeschreibung stehen. So habe er schon im Laden gestanden und Klobürsten gekauft, wenn es eben das sei, was im Unternehmen gerade gebraucht werde. Gründeralltag also. "Ich bin selbstreflektiert genug, nicht zu glauben, dass ich schon alles kann und weiß. Ich lerne ständig dazu."

Das soll auch weiter bei Personio geschehen, so Renner. "Ich kann ausschließen, dass ich in naher Zukunft aussteige für eine neue Gründung. So etwas noch mal so erfolgreich hinzubekommen, wird eh schwierig." Das Tech-Beratungsunternehmen GP Bullhound listete Personio 2019 als eines der europäischen Start-ups, denen in den nächsten zwei Jahren eine Milliardenbewertung zugetraut wird, in der Gründerwelt als Unicorn-Status bekannt. Die Hälfte des Weges ist schon geschafft. Nach der vorerst letzten Finanzierungsrunde mit namhaften Investoren wie Accel aus dem Silicon Valley wird das junge Münchner Unternehmen mit knapp 500 Millionen Dollar bewertet.

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