Deutscher Basketball-Meister:Alba überrollt die Liga

Deutscher Basketball-Meister: Gestatten, der Meister der BBL: Alba Berlin.

Gestatten, der Meister der BBL: Alba Berlin.

(Foto: AFP)

Eine außergewöhnliche Saison endet für Berlins Basketballer mit dem größten Triumph seit zwölf Jahren. Das Double gelingt auch dank der Kniffe des Trainer-Altmeisters Aito Garcia Reneses.

Von Joachim Mölter

Zum Schluss des Finalturniers um die deutsche Basketball-Meisterschaft wurde es noch mal hektisch - plötzlich ging es um die Ehre. Der Titel war Alba Berlin ja kaum noch zu nehmen, nachdem die Mannschaft am Freitagabend das erste Finalspiel mit einem Vorsprung gewonnen hatten, der von den MHP Riesen Ludwigsburg beim besten Willen nicht mehr aufzuholen war: 88:65. Aber die Berliner wollten auch ihr zehntes und letztes Turnierspiel gewinnen und die Ludwigsburger die bislang beste Saison ihrer Klubgeschichte mit einem Sieg über den designierten Meister krönen. Also schenkten sich die beiden Teams nichts und kämpften bis zuletzt.

Am Ende hieß es dann 75:74 (42:35) für Berlin, es war ein Abschluss, mit dem alle zufrieden waren. "Es fühlt sich gut an, hier auch noch mit einem Sieg rauszugehen", sagte Alba-Kapitän Niels Giffey ins Mikrofon des TV-Senders Magentasport. Sein Ludwigsburger Kollege Jonas Wohlfarth-Bottermann war "trotzdem sehr stolz", wie er sagte: "Wir haben gezeigt, dass wir uns nicht unterkriegen lassen. Es fühlt sich gar nicht so arg krass wie eine Niederlage an." Während Ludwigsburg froh war, erstmals überhaupt das Finale erreicht zu haben, sicherte sich Berlin den ersten Meistertitel seit zwölf Jahren und das erste Double seit 2003. Den Pokal hatte das Team des spanischen Trainers Alejandro "Aito" Garcia Reneses bereits im Februar gewonnen.

Es war die erste Ernte gewesen nach einer langen Dürre, nach drei Jahren Saat und Pflege und Aufzucht. Im Sommer 2017 war Aito nach Berlin gekommen, der "Pate des europäischen Basketballs", wie ihn Ludwigsburgs Coach John Patrick rühmte, hatte seine Mannschaft in den ersten beiden Jahren in fünf Finals geführt, zwei Playoff-Serien in der Basketball-Bundesliga (BBL), zwei Endspiele um den deutschen Pokal, einmal die Serie um den Eurocup - und alle verloren. "Wir waren so oft kurz davor, zu gewinnen. Das ist jetzt großartig für uns und für die Fans", bilanzierte der Flügelspieler Luke Sikma am Sonntag.

Kurz nach dem Pokalsieg hatte die Corona-Pandemie den Abbruch der Hauptrunde verursacht; Anfang Mai beschlossen dann die BBL- und die Klub-Manager, die Saison in Turnierform zu Ende zu bringen. Der Skepsis, der dabei verliehene Titel wäre minderwertig und mit einem Sternchen behaftet ("unter Corona-Bedingungen"), waren alle von Beginn an entschieden entgegengetreten. Durchaus begründet: Bis auf den Tabellenachten Würzburg hatten ja die besten Klubs mitgemacht. Die stärksten Teams des Turniers erreichten dann verdientermaßen das Finale, und dort setzte sich die mit Abstand beste Mannschaft dieses Spieljahres durch.

Gleichauf mit Bamberg

Die Meister der Basketball-Bundesliga

1997 - 2003: Alba Berlin

2004: Skyliners Frankfurt

2005: GHP Bamberg

2006: Rheinenergie Köln

2007: Brose Bamberg

2008: Alba Berlin

2009: EWE Oldenburg

2010 - 2013: Brose Bamberg

2014: FC Bayern München

2015 - 2017: Brose Bamberg

2018 - 2019: FC Bayern München

2020: Alba Berlin Mit dem neunten Titel schließt Alba Berlin zu Bamberg auf. Seit Einführung der Bundesliga in der Saison 1966/67 hat nur Bayer Leverkusen mehr Meistertitel gewonnen. Im Überblick: 14: Bayer Leverkusen (1970-1972, 1976, 1979, 1985, 1986, 1990-1996)

9: Brose Bamberg (2005, 2007, 2010-13, 2015-17) und Alba Berlin (1997-2003, 2008, 2020)

4: MTV Gießen (1967, 1968, 1975, 1978) und BSC Saturn Köln (1981, 1982, 1987, 1988)

3: ASC 46 Göttingen (1980, 1983, 1984) und FC Bayern München (2014, 2018, 2019)

Das hatten die Riesen bereits vor dem ersten Finalspiel am Freitagabend akzeptiert. "Alba ist für mich das Maß der Dinge in dieser Saison", räumte Wohlfahrth-Bottermann ein. Dass er und sein Team im November Alba besiegt hatten (81:77), war für ihn kein Widerspruch: Den Berlinern fehlte damals ihr Spielmacher Peyton Siva, zudem waren sie im parallel laufenden Euroleague-Betrieb strapaziert gewesen und direkt von einem Auswärtsspiel eingeflogen, "deshalb haben wir sie schlagen können", erklärte Wohlfahrt-Bottermann.

Im weiteren Verlauf der Saison hatten sich die Berliner stetig gesteigert, im Gegensatz zu dem im Viertelfinale von Ludwigsburg ausgeschalteten Titelverteidiger Bayern München. Gegen den hatte Alba 2018 und 2019 die Playoff-Finals verloren; eine Revanche über den Rivalen in dessen Halle wäre die Kirsche auf der Titeltorte gewesen. Aber man kann nicht alles haben.

Duelle auf höchstem Niveau

Beim Finalturnier präsentierten sich die Berliner jedenfalls gereift durch die Erfahrung auf höchstem europäischen Niveau, zudem reisten sie verletzungsfrei und mit vollständigem Kader an - und der beeindruckte selbst den immer coolen Riesen-Trainer John Patrick: "Sie haben so viele Waffen - bestimmt zehn Leute, die jederzeit zwanzig Punkte machen können." Diese Breite hatten die Berliner bereits im ersten Finale genutzt: Da kam zwar keiner auf zwanzig Zähler, aber sieben punkteten immerhin zweistellig. So eine geballte Offensivpower war selbst für ein defensivstarkes Team wie Ludwigsburg irgendwann nicht mehr zu verteidigen.

Die Vielzahl ihrer Mittel und Möglichkeiten demonstrierten die Berliner auch in anderer Hinsicht: Während sie im Halbfinale das Team von EWE Oldenburg mit ihrer Offensive überrollten, bremsten sie Ludwigsburg mit ihrer intensiven Abwehr ein. Sie erzwangen einmal 19 und das andere Mal 16 Ballverluste - das ist eine Menge für eine Mannschaft wie Ludwigsburg, die stolz auf ihre Ballsicherheit ist.

Patricks Mannschaft musste in den beiden Finalspielen zudem ohne Marcos Knight antreten, ihren besten Mann bei diesem Turnier mit durchschnittlich 18,1 Punkten und 7,9 Rebounds. Der Amerikaner war im Halbfinalrückspiel gegen Ulm umgeknickt, hatte seinem Team aber noch mit 26 Punkten und 13 Rebounds geholfen. So ein Beitrag wurde schmerzlich vermisst in den Endspielen. Aber Knight konnte kaum noch gehen, geschweige denn rennen oder springen. Von den Kapitänen der beteiligten Teams wurde er dennoch zum wertvollsten Spieler des Turniers gewählt. Aber so souverän wie die Berliner als Mannschaft agierten, hätte wohl auch Knight ihren Titelgewinn nicht verhindern können.

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