Bestechungsaffäre in Wiesbaden:Ermittlungsverfahren gegen Roland Kuffler eingestellt

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Der Münchner Gastronom hatte den früheren Wiesbadener Oberbürgermeister unter anderem kostenlos in seiner Ferienvilla in St. Tropez beherbergt. Dieser gilt dagegen nun als vorbestraft.

In der Bestechungsaffäre um den ehemaligen Oberbürgermeister von Wiesbaden, Sven Gerich, hat das Amtsgericht München auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl wegen Vorteilsannahme erlassen. Der Politiker akzeptierte einen Strafbefehl "in deutlich 5-stelliger Höhe", teilte die Staatsanwaltschaft München I am Montag mit. Er gilt damit als vorbestraft. Das Ermittlungsverfahren gegen den Münchner Gastronomen Roland Kuffler sei indes mit Verfügung vom 26. April dieses Jahres eingestellt worden, hieß es. Der 81-jährige Patron der Kuffler-Gruppe ist zu krank und zu alt.

Kuffler hatte Gerich und dessen Ehemann unter anderem kostenlos in seiner Ferienvilla in St. Tropez beherbergt und bewirtet sowie ihm kostenlose Übernachtungen in einem Münchner Fünf-Sterne-Hotel der Kuffler-Gruppe gewährt. Diese und andere Gefälligkeiten summierten sich laut Staatsanwaltschaft allein für den Zeitraum zwischen 2014 und 2017 auf einen Vorteil von mehr als 20 000 Euro. Gleichzeitig betrieb die Kuffler-Gruppe die Gastronomie in der Spielbank der Hessischen Landeshauptstadt und konnte 2018 auch das Catering für das neu eröffnete Rhein Main Congress Centrum übernehmen.

Die Kuffler GmbH betreibt in München zahlreiche Gaststätten, die bekanntesten darunter sind das Spatenhaus oder das Seehaus im Englischen Garten. Zudem betreibt die Kuffler Weinzelt GmbH das Weinzelt auf dem Oktoberfest. Wirtschaftsreferent und Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) hatte wegen der Verwicklungen des Unternehmens im November vergangenen Jahres das zuständige Kreisverwaltungsreferat gebeten, "die gaststättenrechtliche Zuverlässigkeit" der Familie Kuffler zu überprüfen.

Die Staatsanwaltschaft verzichtete nun darauf, ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Kuffler-Gruppe und die beiden Geschäftsführer Sebastian und Stephan Kuffler einzuleiten. Die Söhne des Seniorchefs und das gesamte Unternehmen hätten "freiwillig und überobligatorisch" mit der Staatsanwaltschaft kooperiert, erklärte deren Sprecherin Anne Leiding am Montag. So seien "umfangreiche Beweismittel zur Verfügung gestellt" worden, "die auf andere Weise schwer oder unmöglich zu erlangen gewesen wären".

Gleichwohl wurde ein sogenannter Einziehungsbescheid in Höhe von 50 000 Euro gegen das Unternehmen erlassen. So viel hätte es etwa gekostet, ein wirksames Kontrollsystem im Unternehmen zu etablieren, das die Verstöße verhindert hätte. Die nächste Kuffler-Generation will es nun besser machen.

© SZ vom 30.06.2020 / anh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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