Engagement in Wolfratshausen:Der Spendenmarathon-Mann

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Tilo Scheck plant mit "Füreinander bewegen" einen Benefizlauf, bei dem jeder Einzelne etwas für die Gemeinschaft tun kann

Von Sebastian d'Huc, Wolfratshausen

Tilo Scheck ist ein beschäftigter Mann. Der 44-jährige Betriebswirt rauscht ein paar Minuten nach dem vereinbarten Termin zur Tür hinein, redet schnell, jongliert sichtlich viele Dinge auf einmal. Sobald er sich aber auf der Gartenterrasse niedergelassen hat, gilt seine Aufmerksamkeit nur noch dem Gespräch. "Ich wollte schon lange etwas für unsere Vereine tun, das rumorte in mir schon seit Monaten", führt Scheck aus. "Und da ich in der Corona-Krise nicht mehr so viel auf Dienstreisen bin, ergab sich jetzt endlich der zeitliche Spielraum, um das umzusetzen." Das Projekt, von dem er spricht, gab es laut Scheck bislang in dieser Form noch nicht: Er plant mithilfe einiger privaten Unterstützer, verschiedenen Unternehmen, Lokalpolitikern und der Stadt Wolfratshausen eine Art dezentralen Spendenlauf zugunsten von vier örtlichen Vereinen. Der Titel: "Füreinander bewegen".

"Die Umstände der Corona-Krise machen es natürlich unmöglich, eine große Veranstaltung durchzuführen", erklärt Scheck. "Deshalb sieht unser Konzept anders aus. Spendenlauf trifft auf Virtualität, Individualität trifft auf Gemeinschaft." Im Zeitraum vom 17. Juli bis 19. Juli sind Bürger aus dem Isartal und der Region Wolfratshausen aufgerufen, privat eine selbst festgelegte Strecke zurückzulegen - auf dem Fahrrad, mit Laufschuhen oder Rollerblades, ganz wie es beliebt. Dabei sollen sie bedruckte T-Shirts tragen, sodass hoffentlich eine Wiedererkennung im Stadtbild und dadurch trotz allen Abstandsgeboten ein Gemeinschaftsgefühl aufkommen kann. Vorab sollen sie Sponsoren akquirieren, die ihnen einen bestimmten Betrag pro Kilometer zusichern - Firmen, Großeltern, Freunde. Nach dem Lauf machen die Teilnehmenden ihren Sponsoren glaubhaft, dass sie die zugesicherte Strecke auch wirklich zurückgelegt haben, und überweisen deren Spende an den Verein - oder die Vereine - ihrer Wahl. Die Veranstaltung soll explizit nicht nur Leistungssportler ansprechen, sagt Scheck - "auch die Omi, die 500 Meter läuft, ist herzlich willkommen." Die ambitioniertesten Athleten können allerdings auch Preise für die schnellste Laufzeit in der jeweiligen Alterskategorie gewinnen.

Die Planungen für das Projekt laufen auf Hochtouren - anders gehe es nicht, schließlich stehe das Konzept erst seit der letzten Maiwoche. Eine Unterstützergruppe habe sich auf Whatsapp zusammengetan, die Stadträtin Ulrike Krischke (BVW) hat binnen kurzer Zeit eine Website hochgezogen. Man werbe auf allen Kanälen, sagt Scheck, aktiviere Netzwerke, verhandle mit örtlichen Unternehmen, spreche mit der Presse, bemühe sich bei der Stadt Wolfratshausen um Aushänge, nutze Instagram und Facebook. "Wir haben aber natürlich kein wirkliches Werbebudget - jeder Euro dafür fehlt ja zum Schluss den Vereinen." Viele packten an und begeisterten sich für das Projekt. "Die Stadt Wolfratshausen war sehr hilfreich bislang. Viele Unternehmen haben bereits Spendenzusagen gemacht, unter anderem für die T-Shirts." Und eine der Wolfratshauser Banken überlege, ihre Mitarbeiter als Team an den Start zu schicken, gesponsert vom Arbeitgeber.

Scheck hat bereits Erfahrung mit der Spendenakquise - sein Spendenaufruf zugunsten der Wolfratshauser Surfwelle erzielte Ende 2019 in kurzer Zeit etwa 65 000 Euro. Dass dies erwähnt wird, möchte er eigentlich nicht, sorgt er sich doch, dadurch vom neuen Projekt abzulenken. Ihm ist wichtig, die Gemeinschaft in Wolfratshausen zu stärken. Besonders spannend finde er es, die Sozialmilieus der Sportenthusiasten und der Kulturliebhaber, die "normalerweise eher getrennt sind", zu verbinden. "Es ist wichtig, als Bürger etwas für die Gemeinschaft zu tun. Das muss nicht immer nur im Rahmen eines Vereins oder in einer Partei geschehen." Scheck selbst ist weder Mitglied im einen noch in der anderen - "aber es ist trotzdem wichtig, aktiv zu sein. Die sozialen Vereine, die kulturellen Einrichtungen und die Bildungsangebote sind der Kitt der Gesellschaft."

Tilo Scheck hat schon Spendenkampagnen organisiert, jetzt sammelt er Geld für coronagebeutelte Vereine. (Foto: Hartmut Pöstges)

Dieser Überzeugung folgend sind auch die Vereine ausgesucht worden. Unterstützt werden der "Erinnerungsort Badehaus", die "Klecks - Schule der Phantasie", der Verein "Bürger für Bürger" und "Arbeit für Jugend". Ausgesucht wurden diese Projekte in Absprache mit den jeweiligen Vereinsvorständen, unter Berücksichtigung der finanziellen Notlage im Zusammenhang mit der Corona-Krise. "Wir mussten die Auswahl einschränken, damit bei den jeweiligen Vereinen noch ein spürbarer Betrag ankommt", erklärt Scheck. Die Auswahl der Vereine bilde außerdem die Breite der Angebote in Wolfratshausen ab. Die Teilnehmer sollen sich schließlich mit den jeweiligen Projekten identifizieren.

Dass Teilnehmende selber entscheiden können, wann, wie viel, wo, mit wem und mit welchem Gefährt sie sich bewegen, und auch, an welchen der Vereine das Geld schlussendlich fließt, ist laut Tilo Scheck das Besondere an seiner Idee. "Ich hoffe sehr, dass die Flexibilität mehr Menschen dazu ermutigt, teilzunehmen", sagt er. Gleichzeitig seien die T-Shirts und die virtuelle Vernetzung gemeinschaftsbildend - so ganz alleine joggen zu gehen würde ja auch keinen Spaß machen. "Ich denke, wir treffen damit den Zeitgeist ganz gut. Bei ,Füreinander bewegen' kann man wirklich sagen, dass Individualität auf Kollektivität trifft."

Wann er das Projekt als Erfolg sehen würde? Tilo Scheck muss kurz überlegen. "Ein konkretes Spendenziel haben wir nicht im Auge. Ein Erfolg wäre es, wenn bei den Vereinen ein spürbarer Betrag ankommt." Dann fällt ihm jedoch noch ein weiteres Bemessungskriterium ein - wenn die Resonanz so gut sei, dass es sich lohne, die Veranstaltung im nächsten Jahr zu wiederholen.

Infos und Anmeldung unter www.fuereinander-bewegen.de

© SZ vom 30.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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