Turkmenistan:Zwei tote Ärzte 

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Berichten von Menschenrechtlern zufolge verheimlicht die autoritäre Regierung des zentralasiatischen Staates einen Covid-19-Ausbruch.

Von Frank Nienhuysen, München

Zu den wenigen Ländern, die nach offiziellen Angaben vom Coronavirus verschont geblieben sind, gehört neben Nordkorea und einigen Pazifikinseln auch Turkmenistan. Der sich abschottende Staat in Zentralasien ist stolz auf seine makellose Bilanz, auf Maßnahmen, die es getroffen hat: geschlossene Grenzen, gekappte Flugverbindungen. Vor einigen Tagen berichtete allerdings der Sender Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL), dass die turkmenischen Behörden mit einem "Ausbruch" des Virus zu kämpfen hätten. Zwei Ärzte, die mehrere Tage lang unter Quarantäne gestanden hätten, seien Mitte Juni gestorben. RFE/RL berief sich dabei auf "Offizielle im Gesundheitswesen", die sich anonym geäußert hätten. Informationen aus dem Land sind schwer unabhängig zu überprüfen. Auf einer Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Turkmenistan auf dem letzten Platz.

Der Geschäftsführer der Organisation, Christian Mihr, hatte bereits Anfang April gefordert, die turkmenische Regierung müsse "die Veröffentlichung von unabhängigen Informationen über die Krankheit zulassen". Am vergangenen Samstag rief die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch das Land auf, Daten über das Infektionsgeschehen zu veröffentlichen, weitgehend Tests zu ermöglichen und aufzuhören "medizinisches Personal zum Schweigen" zu verpflichten. "Jede Minute, die die turkmenische Regierung die Wahrheit über Covid-19 im Land verbirgt, gefährdet Leben und die Gesundheit", schrieb die Organisation in ihrem Appell. Die russische Zeitung Nesawissimaja Gaseta wies auf mehrere Großveranstaltungen in Turkmenistan in den vergangenen Wochen hin, bei denen das Tragen von Schutzmasken "streng verboten" gewesen sei, um Panik zu vermeiden.

Doch die Führung in Aschgabat wehrt sich gegen jeden Verdacht, vor allem gegen die US-Botschaft im Land. Vor einigen Tagen hatte die Botschaft auf ihrer Internetseite veröffentlicht, dass sie von "lokalen Bewohnern" Berichte mit Hinweisen auf Covid-19-Symptome erhalten habe und erwähnte dabei auch, dass "medizinische Protokolle in Turkmenistan nicht US-Standards entsprechen". Die Botschaft selber habe Social Distancing verstärkt. Unter einem anderen Info-Link schreibt sie, dass Turkmenistan keinen Corona-Fall offiziell bestätigt habe und auch "möglicherweise abgeneigt ist, dies zu tun, wenn Fälle nachgewiesen sind". US-Bürger wies die Botschaft auf zwei Charterflüge nach Istanbul hin, die in den nächsten zwei Wochen stattfänden und stark nachgefragt würden.

Empört wies das turkmenische Außenministerium Berichte über Corona-Infektionen zurück und nannte die Erklärungen der Botschaft "fake" und "tendenziöse, nicht bestätigte Informationen". Immerhin, Anfang Juli soll eine Delegation der Weltgesundheitsorganisation WHO einreisen dürfen. Sie wartet darauf bereits mehr als zwei Monate.

© SZ vom 01.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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