Netanjahu:Enttäuschungsmanöver

Die Annexion kommt erstmal nicht - Trump zieht nicht mit.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich selbst in eine missliche Lage manövriert. Mit seiner mehrfachen Ankündigung, am 1. Juli mit der Annexion von Teilen des Westjordanlandes zu beginnen, hat Netanjahu Erwartungen geweckt, die er nun nicht erfüllt. Nicht nur die Siedler sind von ihm enttäuscht.

Die Warnung der EU vor einem Völkerrechtsbruch beeindruckt ihn wenig. Aber im Koalitionsvertrag steht, dass er die Zustimmung der USA braucht. Präsident Donald Trump hat jedoch bisher kein grünes Licht gegeben. Trump registriert die wachsende Kritik in den USA und will seine Wiederwahl nicht gefährden. Auch in Washington wird wahrgenommen, dass israelische Experten eine Destabilisierung der gesamten Region befürchten. Wirkung zeigen auch Warnungen Jordaniens und der Golfstaaten.

Mit dem Angebot, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, hat die palästinensische Führung Netanjahu in die Bredouille gebracht, indem sie eine zentrale Forderung knapp vor dem von ihm festgesetzten Termin erfüllt haben. Netanjahu steht nun vor der Frage, ob er dieses Projekt um jeden Preis durchsetzen will. Er könnte Größe zeigen, indem er sein Vorhaben aufgibt und sich zu Verhandlungen bereit erklärt. Aber das ist von ihm nicht zu erwarten.

© SZ vom 02.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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